Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 484
(PDF, 98 MB)
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484 Eugen Hillenbrand

wörtlich, sondern so, wie er selbst es gewohnt war und seine
Schüler es gut verstanden: an Nimmerlins tag. Das lateinische
Sprichwort Simile simili Semper haeret übersetzte Murmellius mit
gelych is gern by gelich, Sopher mit Glich und glich gesellet sich.

Ein letztes Beispiel zur Verarbeitung überkommenen
Sprachguts: Viva vox magis afficit (die lebendige Sprache berührt
mehr). Murmellius zitiert hier aus einem Brief des römischen
Anwalts Plinius des Jüngeren (62-114) an seinen Neffen.
Der Münsteraner Pädagoge nahm das Zitat in sein Lehrbuch
von 1513 so auf, wie er es in einem Sprichwort der erasmiani-
schen Adagia unter der Überschrift Viva vox fand.29 Erasmus
stellte gleich zu Anfang fest, dass nur die Stimme, die unmittelbar
aus dem Mund des Sprechenden vernommen wird, eine
wirkungsvolle Kraft hat, nicht die „aufgeschriebene". Dieser
fehle „Handlung und Bewegung, und das ist Leben". Der große
Humanist beruft sich dabei auf den großen Kirchenlehrer Hieronymus
(358-420): „Es hat die lebendige Stimme, ich weiß
nicht wie, mehr verborgene Kraft; sie wirkt stärker, wenn sie
aus dem Mund des Lehrers in die Ohren des Schülers überströmt
." Das musste den jungen, humanistisch gebildeten Pädagogen
wie Musik klingen. Beide erläuterten deshalb in ihrer
Sprichwortfassung ausdrücklich den nicht aufgelösten Komparativ
magis (mehr) durch mer d an die g e s c h r i f t. Sie
reflektierten nicht nur ein neues Miteinander von Schülern
und Lehrern, sondern auch den Weg dahin. Eine lebendige
Sprache, die alltägliche Sprache, sollte aus dem reinen Formalismus
der Grammatik als Regelwerk herausführen. Selbst im
strengen Grammatikteil löste Sopher den Optativmodus des
Verbums amare noch durch die charmante Übersetzung auf:
wollt got, das ich lieh hett.

Seinem neuen Lehrbuch stellte der junge Pädagoge eine
Widmung an die Schuljugend (scolastica iuventus) voran. Murmellius
und er selbst wollten diese auf dem einfachsten Wege
„zum rechten Gebrauch der reinen, unverfälschten lateinischen
Sprache" führen. Ausdrücklich kritisierte er jene „zu-
sammengefaselten Wörterbücher", wie das im Spätmittelalter
am meisten benutzte Catholicon des Dominkaners Johannes
Baibus. Es diente bis ins 16. Jahrhundert hinein dazu, die Bibel
in korrekter Weise auszulegen. Die Nachfrage war groß, sodass
die frühen Buchdrucker den Marktwert erkannten. Allein in
Straßburg wurde das Catholicon zwischen 1466 und 1482 fünfmal
gedruckt. Gegen diese Konkurrenz musste sich das neue
Lehrbuch erst einmal durchsetzen. Eindringlich warb deshalb
Sopher für das neue, „glänzende Büchlein" des Murmellius, das
sich durch eine sorgfältige Auslese an Wörtern, Redewendun-


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