Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 511
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Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten - die mutigen Frauen vom Stollengrund

Stammeinheit galt als eine versprengte Gruppe und eigentlich
bestand Meldepflicht hei der jeweiligen Kommandantur
. D.h., ab nach Südfrankreich war nicht
legal. Mein Vater machte sich auf den Weg nach Hause
(im Prinzip desertiert), versteckte sich, wurde gesucht
und konnte zunächst rechtzeitig verschwinden. Er
wurde in Erfurt erwischt, fand aber einen ihm wohlgesonnen
Richter, der ihn nicht zum Tod, sondern zu
10 fahren Zuchthaus in Berlin verurteilte. Dort angekommen
, wurde er zum Fronteinsatz an die Westfront
abkommandiert. "l6

Beim Rückzug der Westfront kam er im Spät jähr
1944 nach Nordrach. Weil er befürchtete, bei einer
weiteren Flucht in den Osten würde ihre Kompanie
möglicherweise auf die Rote Armee stoßen, wovor alle Angst
hatten, und weil es ihrer Meinung nach nichts mehr zu verteidigen
gab, hat er mit zwei anderen Soldaten beschlossen, nicht
mehr weiterzukämpfen, sondern sich abzusetzen.

Zusammen boten sich die drei Soldaten auf dem Stollengrundhof
zur Arbeit auf dem Feld, im Stall und im Wald an. Allerdings
, so sagten sie der Bäuerin, müssten sie sich in einem bestimmten
Abstand bei ihrer Kompanie melden und die Genehmigung
zum Fernbleiben von der Truppe einholen. Und immer
wieder ging auch einer weg, angeblich zur Kompanie, um diese
Genehmigung einzuholen. Unbefangen erzählten Mitglieder der
Familie Birk in der Nachbarschaft von den drei Soldaten, die sehr
fleißig und sehr lustig seien. Das war ein schwerer Fehler.

Eines Abends kamen Uniformierte. Sie behaupteten, der Hof
sei umstellt, Flucht sei sinnlos. Die drei Soldaten wurden verhaftet
. Es wurde ihnen vorgeworfen, sie hätten sich unerlaubt
von ihrer Truppe entfernt und damit Fahnenflucht begangen.
Auf Wehrkraftzersetzung und Fahnenflucht standen nach dem
damaligen Strafrecht harte Strafen, bis hin zur Todesstrafe. Die
Praxis allerdings war bei Kriegsende noch schlimmer: Deserteure
wurden oft ohne Gerichtsverhandlung sofort standrechtlich
erschossen. Man rechnet in der Endphase des Krieges mit
bis zu 8000 hingerichteten Fahnenflüchtigen. Auch aus der
Region sind mehrere Fälle von Erschießungen bekannt.17

Die Bäuerin, Franziska Birk sollte ebenfalls verhaftet werden
, weil sie den drei fahnenflüchtigen Soldaten Unterschlupf
gewährt habe und deshalb der Beihilfe zur Fahnenflucht beschuldigt
wurde. Walter Dietze und die beiden anderen Soldaten
erklärten gegenüber den Uniformierten, sie hätten die Familie
getäuscht und sich als beurlaubte Soldaten ausgegeben,

Abb. 7: Walter Dietze
als Fallschirmspringer
im Zweiten Weltkrieg.


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