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Manfred Merker
lieh auch gegenüber Augustus rehabilitieren konnten. Horaz,
der später mit seinen Oden einer der bedeutendsten Lyriker der
Weltliteratur werden sollte und im Jahre 17 im Auftrag des Kaisers
Augustus für Roms große Jahrhundertfeier das „Carmen
saeculare" (Jahrhundertfeierlied) komponieren durfte, begann
mit kleinen satirischen Spottgedichten in verschiedenen Versrhythmen
. Dem Buch der jambischen „Epoden" folgten zwischen
35 und 30 zwei Bücher Satiren („sermones") in Hexametern
, aus denen auch unser Hexengedicht stammt. Die Römer
hatten eine besondere Begabung für Witz und Satire und haben
diese literarische Gattung durch Horaz' Vorgänger Lucilius
(180-102 v. Chr.) sogar erst in die Literatur eingebracht. Abgeleitet
von „satura lanx" (bunt gemischte Schüssel) versammelt sie,
auch hier bunt gemischt, mit freimütigem derbem Witz und
aktueller Polemik alle Themen des menschlichen Alltags und
die lächerlichen Schwächen der menschlichen Natur. Dazu gehören
für den Satiriker auch die widerwärtigen Abgründe und
Auswüchse von Magie und Hexerei, wobei diese bei den Römern
wegen ihres notorischen archaischen Aberglaubens ein
besonders dankbares Auditorium fanden.
Bei Horaz spielt in den Satiren eine stadtbekannte Giftmischerin
eine besondere Rolle, die Hexe Canidia, mit der er sich
öfter auseinanderzusetzen hatte. In der Epode 5 vergräbt Canidia
mit ihren beiden Mithexen im verrufenen Stadtviertel
Subura einen Knaben bis zum Kopf in der Erde, um später nach
dessen Tod aus Mark und Leber den Gifttrunk für einen Liebeszauber
zu gewinnen. Canidia erscheint bei diesem Zaubermord
mit Natternbrut im Haar und Uhueiern, die in Krötenblut getaucht
wurden, die Kollegin Sagana mit Büscheln von Zauberkräutern
und entrissenen Hundeknochen. Der Vergrabene
verflucht am Ende seine Mörderinnen mit den Worten:
„veneria magnum, fas nefasque, non valent Convertere humanam
vicem" (Zauberei kann Recht und Unrecht verdrehen, aber menschliche
Vergeltung niemals)
Ob er gerettet werden kann, bleibt unklar. In der 81 Verse langen
17. Epode, die in reinen Trimetern verfasst ist, führt Horaz
ein ernstes, fast partnerschaftliches Zwiegespräch mit Canidia
und bittet sie, ihn mit ihrer Hexerei zu verschonen und seine
Dichtkunst nicht zu stören oder gar zu gefährden. In Satire
11,1,48 wird wieder das legendäre Gift der Hexe zitiert, in
11,8,94 lassen die Gäste ein hochopulentes mehrgängiges Festmahl
unberührt, weil angeblich Canidia mit ihrem Gifthauch
die Speisen verdorben hatte. In unserer Satire 1,8 wird diese
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