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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
95. Jahresband.2015
Seite: 473
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Inflation und Notgeld in Schiltach 1914-1923 47 3

und Investitionen zu fördern bzw. die Strukturreformen zurück
zu einer Zivilwirtschaft zu befördern, betrieb die Reichsbank
eine Politik des billigen Geldes. So sollten die Produktionskosten
niedriger als in anderen Ländern gehalten und die Konkurrenzfähigkeit
der deutschen Volkswirtschaft gestärkt werden.
Tatsächlich hatte dies zunächst auch Erfolg. War Anfang 1919
zunächst die Arbeitslosenzahl gestiegen, lag sie in den folgenden
Jahren niedriger als in den Siegerstaaten.

Der sicherlich wichtigste Grund für den raschen Wertverlust
der Mark war aber fehlendes Vertrauen. Auf den Straßen
vieler Städte herrschte Unruhe, immer wieder kam es in der
Nachkriegsgesellschaft zu tödlichen Konflikten bis hin zu Morden
, Putsch- und Revolutionsversuchen. Als 1920 der rechtskonservative
Kapp-Lüttwitz-Putsch an einem Generalstreik der
Arbeiter und Angestellten scheiterte, erholte sich der zwischenzeitlich
auf 1:75 gefallene Kurs der Mark gegenüber dem US-
Dollar auf 1:57, um 1921 nach der Ermordung des früheren
Reichsfinanzministers Matthias Erzberger abzustürzen. Am
Ende des Jahres 1921 kostete ein US-Dollar 217 Mark. Mitte
1922, nun war auch Außenminister Walter Rathenau ein Opfer
nationalsozialistischer Mörder geworden, verlor die Reichsbank
, die inzwischen ihre letzten Devisenreserven für Stützungskäufe
aufgebraucht hatte, die letzten Reste Kontrolle über
ihre Währung. In Deutschland herrschte Hyperinflation.17 Für
die nächsten knapp eineinhalb Jahre schien die wichtigste Aufgabe
der Reichsbank in der ständigen Produktion immer neuer
Geldscheine mit immer höheren Nennwerten zu liegen.

Für die Menschen in Schiltach und anderswo hatte diese
Entwicklung äußert schmerzhafte Folgen. Die Abgabepflicht
von Nahrungsmitteln zum Festpreis offenbart über die Kriegsund
Nachkriegsjahre deutliche Preissteigerungen. Das bei
Hausschlachtungen abzuliefernde Rohfett wurde im Frühjahr
1917 mit 2 Mark pro Pfund vergütet. Im November 1919 erhielten
die Produzenten je nach Qualität 2,70 bis 5,40 Mark und
am 4. März 1920 sechs bis 10,50 Mark.18 Den höheren Preis fraß
die Inflation aber sofort wieder auf.

So gerieten die Preise und mit ihnen die Käufer immer stärker
unter Druck. Für den Mai 1920 ist daher auch eine Schilta-
cher Protestversammlung gegen die stark wachsenden Brotpreise
verzeichnet.19 Darüber hinaus zeugt aber auch ein weiteres
Anliegen der Verbraucher von wachsender Preissensibilität.
Obwohl bis dahin Preisausschilderungen in den Ladenfenstern
nicht üblich waren und sich die Besitzer auch zunächst dagegen
wehrten, waren sie im Mai 1920 ortsüblich geworden. Beschleunigt
hat diesen Prozess aber wohl auch ein kurzfristig sinkendes


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