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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 243
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Bootsflüchtlinge 1939 243

früh am 27. Mai. Wir waren bereit auszusteigen in den sicheren
Hafen, wo wir vorübergehend leben würden, bis unsere Quotenzuweisung
in die USA erfolgen würde. Wir waren noch nicht von
der Landungsbrücke, als unsere Landeerlaubnisse für Touristen
für ungültig erklärt wurden. Das neue Gesetz, Dekret Nr. 937,
dieselbe Zahl wie die der Passagiere, erforderte eine schriftliche
Verfügung von Cubas Arbeitsministerium und dazu noch eine
Summe von 500 $ pro Person. ... Ich denke daran, wie ich an
Deck stand und den Leuten in Kähnen und Fischerbooten unter
mir zuwinkte und auch den Lobs, die schon in Cuba lebten und
besorgt die Vereinigung mit ihren Eltern, Ehepartnern und Kindern
erhofften. Sie wurden aber zu diesem Zeitpunkt nicht vereint
. Was würde mit uns geschehen? Wohin könnten wir gehen?
Welches Land würde uns aufnehmen? Diese sorgenvollen Tage
voller Ungewissheit und Verzweiflung lasteten schwer auf den
Erwachsenen. Ich aber war beschützt und war mir der Problematik
n ich t bewuss t. "l 1

Abb. 3: Kapitän
Schröder

In seinem Tagebuch schrieb Kapitän Gustav Schröder dazu:

„Die einzigen, die in all den Tagen unbekümmert blieben, waren
die Kinder der Passagiere. Ja, sie freuten sich, länger an Bord
bleiben zu können und nahmen ihr Schicksal höchstens spielerisch
wichtig, indem sie ein Spiel mit dem Namen erfanden
Juden haben keinen Zutritt. An einer aus Stühlen hergestellten
Barriere standen zwei Jungens mit strenger Amtsmiene und verhörten
die Einlass begehrenden Kameraden. Ein kleiner Berliner,
der an der Reihe war, wurde barsch gefragt: ,Bist Du ein Jude?'
Als er dies kleinlaut bejahte, wiesen sie ihn streng zurück: Juden
haben keinen Zutritt!' ,Ach', bat der Berliner Junge, Jassen se
mir man durch, ick bin doch blos'n janz kleener!'... Leider war
es nicht ein Traum, dass ich mit 900 verzweifelten Passagieren,
die kein Land auf der ganzen Welt auf nehmen wollte, mitten auf
dem Atlantik herum fuhr. Und ich empfand ein Unbehagen, als
mir klar wurde, dass ich die Disziplin nicht mehr mit der Hoffnung
auf eine Landung im Westen aufrecht erhalten konnte. Ich
hatte jetzt die traurige Pflicht, meinen Passagieren reinen Wein
einzuschenken über die Aussichtslosigkeit einer Landung in
Amerika."12

Sonja Geismar weiter:

„Nachdem Verhandlungen zwischen dem Joint JDC (Joint Distribution
Committee) und Cubas Offiziellen zu keinem Ergebnis
führten, wurde das Schiff aus den cubanischen Gewässern weggeschickt
. Hätte das Schiff einen anderen Kapitän gehabt, wer weiß,


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