http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0250
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Das „Judewegle" in Dörlinbach
Authentischer oder inszenierter Ort jüdischer Regionalgeschichte?
Uwe Schellinger
„In einer Gegend wie dieser, die von zahlreichen Grenzen durchzogen war,
mit ihren vielen, oft sehr kleinen Ritterschaften, war für Juden
jeder Gang teuer. Sie versuchten, dem Leibzoll zu entgehen, indem sie Dörfer
und Güter umschritten, egal wie viel länger sie deswegen gehen mussten.
Im Lauf der letzten zweihundert fahre waren aus diesen Judenwegen
feste Pfade geworden, die sich zwischen Dörfern durch Wälder, entlang Flüssen
und Feldern schlängelten. [...] Täglich bewegten sich unzählige Juden
auf derartigen Pfaden - Händler, Hausierer, Bettler und Flüchtlinge, die aus
judenfeindlichen Gebieten verjagt worden waren."
Ruth Weiss, Der Judenweg (2004)
„Die lebhafte Phantasie, hier und nirgendwo anders sei es gewesen,
erfasst Menschen wohl stärker an Orten, die mit vielen Bildern umgeben sind,
als an solchen, die wissenschaftliche Expertisen vorlegen können."
Detlef Hoffmann, Authentische Erinnerungsorte (2000)
Innerhalb der Geschichtswissenschaft hat seit geraumer Zeit
die Beschäftigung mit den Fragestellungen und Problemen der
sogenannten „historischen Authentizität" eine enorme Bedeutung
erlangt. Insbesondere das Museumswesen und die Gedenkstättenarbeit
sind davon in besonderer Weise berührt.
Woher rührt das Bedürfnis nach dem historischen Echten und
Realen und wie lässt sich diese Authentizität feststellen oder
festschreiben? Wie geht man andererseits mit nur inzenierten
oder konstruierten vermeintlich historischen Orten um?1 Lassen
sich beide Kategorien - der authentische oder der inszenierte
Ort - immer klar voneinander trennen?
Diese Fragestellungen zur „historischen Authentizität" lassen
sich exemplarisch auf einen Ort jüdischer Regionalgeschichte
beziehen, der inzwischen aus dem Schuttertal bekannt
geworden ist: das sogenannte „Judewegle" bei Dörlinbach
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