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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 268
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Günther Fischer

Die Dänemark-Flüchtlinge

Zehn Familien waren es, meist ohne das Familienoberhaupt,
und mehrheitlich Ostpreußen, für die an der Kinzig die Flucht
ein Ende fand. Ein Teil der zwei Millionen Menschen, die Dank
der Handels- und Kriegsmarine über die Ostsee gerettet werden
konnten, gingen erst einmal auf dänischem Boden von Bord.
Anfang Mai 1945 war Dänemark von deutschen Truppen besetzt
. Die Massen wurden, mehr schlecht als recht, von der
Feldküche verpflegt und in beschlagnahmte Unterkünfte verfrachtet
. Zur Begrüßung gab es Rübensuppe. Nach der Kapitulation
übernahmen dänische Widerstandskämpfer und Hilfspolizisten
das Ruder. Die Dänen ließen die Fremden ihre Abneigung
spüren. Was niemand für möglich hielt, der Aufenthalt
sollte Jahre dauern. Die Strapazen der Flucht und die
Unterernährung ließen viele krank werden und sterben. Für
kurze Zeit verweigerten die dänischen Ärzte sogar die medizinische
Versorgung. Auch Erika Guddat-Kamps erkrankte in
jener Zeit. An der Westküste, in Oksbol, in einem großen ehemaligen
Wehrmachtslager, kamen die meisten Steinacher Dänemark
-Flüchtlinge unter. Dort hatten sie ihre eigene Selbstverwaltung
mit Bürgermeister, Lagerpolizei, Schule sowie
einem kleinen Theater. Man wohnte mit mehreren Familien
zusammen. Die Einrichtung war einfach: Doppelstockbetten,
große Tische, lange Bänke und ein Kanonenofen. Geheizt
wurde mit Torf und mit Holz, das aus dem Wald herangeschafft
wurde. Der Torflieferant verschenkte manchmal sein Vesper an
die Kinder. Die Schweden spendeten Kleider. Nach einer gewissen
Zeit besserte sich das Essen. Fisch oder Gemüsesuppe erhielten
sie oft. Stand Fleisch auf dem Plan, dann war es Nutria.
Abends gab es portioniertes Brot, Butter, Wurst und Käse. Zum
Frühstück gehörte immer Apfeltee, Trockenmilch sowie Weißbrot
. Die Kinder bekamen Haferflocken mit etwas Zucker. Im
Herbst 1945 wurden Schulzimmer eingerichtet. Irmgard Gud-
dat durfte sogar die dänische Oberschule besuchen. Die Frauen
nahmen alle möglichen Hilfsdienste an: Schneidern, Putzen,
Küche. Auch außerhalb war es erlaubt zu arbeiten. Theaterstücke
wurden von den Erwachsenen und den Kindern einstudiert
. Es gründete sich ein Lagerchor. Zur Aufführung kam
„Peterchens Mondfahrt". Die Kostüme waren aus Kreppapier
gefertigt. Auch dänisches Publikum hatte sich eingefunden.
Um die Baracken entstanden Gemüsegärten, ein Kino und ein
Friedhof gehörten zum Lager. Etwa ab 1947 konnten Suchanträge
nach vermissten Angehörigen über das Rote Kreuz gestellt
werden. Im gleichen Jahr hatten sich alle vier Besatzungs-


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