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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 404
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404

Karl Hansert

jener Jahre, dazu im Abstand von zwei Generationen, mag uns
manches, was in jenem Aktenfaszikel aufgeschrieben ist, nicht
allzu sehr bewegen. Schließlich, so könnte man sagen, ist der
Pfarrer aus unserer Sicht der Nachgeborenen noch einmal gut
davon gekommen - aus der Sicht der Nachgeborenen, die wissen
, wie alles ausgegangen ist. Aber das konnte der Pfarrer ja
nicht wissen. „Aufs Tiefste gekränkt und erschüttert", so
schreibt er später, litt er unter den Schikanen und Bedrohungen
der Nazis, die umso brutaler und rücksichtsloser auftraten,
je schwächer das Regime im Verlauf des Krieges wurde. Er sah
seine seelsorgerliche Arbeit, seine „Berufung und Sendung",
wie er schreibt, aufs Äußerste bedroht, war in größter Sorge,
dass die Jugend durch die Nazis „verderbt" wird, und war erschüttert
, dass seine Kirche - ein bis dahin unerhörter Übergriff
politischer Willkür! - monatelang verschlossen wird. Und
ganz besonders schwer kam es ihn an, dass die „Krieger im
Feld", wie er sie nannte, keine Post mehr von ihm bekommen
konnten, nachdem die Gestapo aus Offenburg ihm seine Kartei
, seine Schreibmaschine, einfach alles brutal und überfallartig
weggenommen hatte. Und schließlich musste er aus
gutem Grund befürchten, dass die Gestapo ihn, nachdem sie
ihn schon wiederholt eingesperrt hatte, ihn auch wie angedroht
ins KZ bringen würde. Das konnte damals, 1943, sehr
schnell gehen, und er wäre wahrlich nicht der erste Priester in
Dachau gewesen.

Diese persönliche Betroffenheit des Pfarrers ist es wert, seine
Geschichte nicht dem Vergessen zu überlassen. Mehr noch:
Wir sind geneigt, den Widerstand gegen den Nazi-Terror mit
großen und bekannten Namen zu verbinden. Das kann dazu
verleiten, das mutige Widerstehen der Menschen im Kleinen
nicht angemessen wertzuschätzen oder sogar ganz zu übersehen
. Dabei ist dieser Widerstand, in bewusster Inkaufnahme
persönlicher Gefahr, vielleicht nicht weniger wert als jener,
den wir mit großen Namen verbinden. Pfarrer Schmid war
einer von den vielen mit einem wohl eher kleinen Namen,
deren Mut und Widerstand es nicht weniger verdienen, in der
Erinnerung bewahrt zu werden.

Es ist nun nicht möglich, alles, was in jenem Faszikel über
140 Seiten aufgeschrieben ist, wiederzugeben. Eine ausführlichere
Schilderung würde auch zeigen, wie die Menschen im
Dorf jene Jahre erlebt haben, und es würde auch einen Pfarrer
zeigen, der bei allem Ärger und Streit und bei aller Gefahr
auch über einen gesunden Humor verfügte und der sich auch
ins Fäustchen lachen konnte - wohl eine Art Bewältigungsund
Überlebenshilfe. Das alles würde aber den vorgegebenen


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