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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 417
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0418
Ein Dorfpfarrer widersteht den Nazis A*\ ~7

Ein Bürger aus dem Dorf, ein angesehener Landwirt, schrieb
sogar noch an die Gestapo. „Ich habe", so schreibt er, „schon
den ,Führer' gelesen, als er noch als Wochenschrift erschien".
Dann macht er sich sogar auf zur Gestapo-Leitstelle - Zivilcourage
im November 1937! -, wurde aber „im Vorzimmer abgefertigt
", wie er dem Pfarrer berichtet.

Der zweite Adventsonntag kam, der Pfarrer protestierte
erneut bei der „GeStaPo". Hilfesuchend schrieb er an seinen
Generalvikar Rösch9, den Stellvertreter des Bischofs und Leiter
der zentralen Verwaltungsbehörde in Freiburg:

„ (...) Wirtschaften, Kaufläden waren nie geschlossen, aber die
Kirche und das ganze katholische Vereinslehen sofort. Schweine
wurden verwogen auf der Gemeindewaage gleich neben der Kirche
, die Gaißen (Anm.: so die Schreibweise des Pfarrers) zum
Bock gebracht Aber die Gläubigen und die Kinder müssen an der
geschlossenen Kirche vorbeigehen. Da packt es mich und ich habe
mir gesagt, jemand muss doch einmal sagen, welches die Rangordnung
der Werte ist."

Eine Antwort aus Freiburg ist in den Akten nicht auffindbar, die
Kirche war immer noch geschlossen, und schließlich ist in vier
Tagen Weihnachten! Aufs Äußerste besorgt und beunruhigt
wollte der Pfarrer am 21.12. 1937 vom Bürgermeister wissen, ob
die Kirche zu Weihnachten geöffnet werden könne. Umgehend,
am 22. Dezember, kam die Antwort des Bürgermeisters,

„An das Erzbischöfliche Pfarramt: Außerkirchliche Weihnachtsfeiern
: Nachdem in Schutterwald erneut Maul- und Klauenseuche
ausgebrochen ist, befindet sich Schutterwald weiterhin im
Sperrgebiet. Kirchliche Weihnachtsfeiern und Versammlungen
sind verboten. LautRdErl. v. 13.12.1937 Nr. 100 556 ist der Partei
, ihre Gliederungen und angeschlossene Verbände in der Zeit
vom 20.12.1937 bis zum 1. Januar 1938 in den Sperrgebieten
entsprechende Veranstaltungen (Volksweihnachten!) durchzuführen
gestattet."

Die Kirche war seit fast einem Vierteljahr verschlossen, und
dann geschah auch noch dieses: Eine anonyme Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft in Offenburg beschuldigte den Pfarrer der
„unzüchtigen Annäherung an Kinder"! Er wurde erneut zum
Verhör einbestellt. Aber das war nun doch wohl selbst dem
braunen Staatsanwalt, der bisher nicht gerade anständig mit
dem Pfarrer umgegangen war, zu viel: Die Anzeige wurde nicht
weiter verfolgt.


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