Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 420
(PDF, 85 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0421
420 Karl Hansert

Das Stück „Christus in der großen Stadt" brachte der Kirchenchor
in der Fastenzeit 1938 also nicht auf die Bühne. Dabei
hätte der aufmerksame Herr Zensor dem Pfarrer durchaus gefährlich
werden können. Denn am 17. Februar 1938 hatten die
Nazis - sie wussten ja, was sie vorhatten - eine „Kriegssonder-
strafrechtsverordnung" erlassen, welche „die Zersetzung der
Wehrkraft unter Todesstrafe stellt. In minder schweren Fällen
kann auf Zuchthaus oder Gefängnis erkannt werden".

Ein nächtlicher Streifendienst

Zu den eher kleineren Gehässigkeiten zählte, dass am 21. Mai
1940 ein „Streifendienst" den Pfarrer um Mitternacht aus dem
Bett klingelte. Auf die Frage des Pfarrers, was denn los sei,
wurde, wie er schreibt, „mir zugebrüllt: besser verdunkeln,
Nordseite, 3. Stock, Licht brennt". Der Pfarrer ging in der
Dunkelheit durchs Haus - der aufmerksame mitternächtliche
Streifendienst hatte sich inzwischen in der Dunkelheit schnell
verdrückt -, nirgendwo brannte Licht, erst recht nicht „im
3. Stock, Nordseite, weil es dort, auf dem Dachboden des Hauses
, überhaupt kein Licht gibt", wie der Pfarrer dem Bürgermeister
schreibt. Dieser sorgte indessen dafür, dass der Pfarrer
nur zwei Tage später die Vorladung zum Verhör auf der Leitstelle
erhielt, einen ganzen Tag wurde er dort wieder festgehalten
. Schließlich erhielt er „auf Grund des § 9 des Luftschutzgesetzes
eine Straf-Verfügung, weil er sich trotz Verwarnung
gegen die Verdunklung vergangen hat, Beweismittel Ortskommandant
, in Höhe von 150.- RM, im Falle der Unbeibringlich-
keit eine Haftstrafe von 1 Tag. Der Bürgermeister. Der Ortskommandant
. Heil Hitler".

„Unsinnig viele Gefallene"

Januar 1943: Inzwischen ist seit über drei Jahren Krieg, und am
30. Dezember 1942, im Silvester-Gottesdienst zum Jahresende,
hatte der Pfarrer „unsinnig viele Soldaten und Gefallene der
Pfarrei" beklagt. Die Namen hatte er feierlich vorgelesen und
dazu an die Angehörigen kleine Holzkreuze ausgeteilt, auf
denen die Namen ihrer Toten aufgeschrieben waren. „Viele
Pfarrkinder weinen still, einige laut", schreibt der Pfarrer. Dazu
waren im „Pfarrblatt" vom 15. Januar 1943 auch die Namen der
Gefallenen aufgeschrieben und nachzulesen: 79 Gefallene
waren es, aus Stalingrad würden vom Dezember 1942 noch
zwei Namen dazu kommen. (Anm.: Im Jahre 1939 gab es im
Dorf etwa 480 Männer zwischen 19 und 40 Jahren.11 Bei


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0421