Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 421
(PDF, 85 MB)
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Ein Dorfpfarrer widersteht den Nazis

Kriegsende waren 231 Soldaten gefallen, somit war fast die
Hälfte jener Jahrgänge tot. Bereits im 1. Weltkrieg stellte das
Dorf 349 Soldaten, 93 von ihnen fielen.)

Dass die Menschen in der Kirche weinen, dazu noch laut,
wenn 79 Namen der Gefallenen aufgerufen werden, das war
natürlich auch dem Bürgermeister und dem Schulleiter und
Ortsgruppenleiter unerträglich, die deshalb sofort an die Gestapo
-Leitstelle in Offenburg meldeten, was sich in der Kirche in
Schutterwald ereignet hatte. Was dann geschah, schreibt der
Pfarrer seinem Erzbischof in Freiburg am 2. Februar 1943 und an
das Ordinariat, das ihm schon bisher nicht beigestanden war:

„Am Freitag, den 30. Januar, vormittags 10 Uhr erschien im
Pfarrhaus ein Beamter der geheimen Staatspolizei, mit drei
Mann, der mich wieder einmal mehr zum Verhör nach Offenburg
befahl."

Unser Pfarrer hatte ja den Krieg am eigenen Leibe erfahren,
und so fährt er fort:

„Vom ersten Tag des Krieges an habe ich die briefliche Verbindung
mit den vielen Soldaten der Pfarrei aufgenommen. Schon
nach dem 2. Rundbrief an alle Krieger erfolgte durch die Gestapo
die Beschlagnahme und Wegnahme meiner beiden wertvollen
und unersetzlichen Adressenkartotheken (Anm.: Näheres ist aus
den Akten leider nicht ersichtlich), in denen ich einmal nach dem
Namensalphabeth, dann nach der Feldpostnummer alle einberufenen
Pfarrkinder registriert hatte. Nun konnte ich natürlich nur
noch denen schreiben, die mich mit Feldpost bedachten. Das
waren selbstverständlich nicht alle, aber doch so viele, dass ich
an Silvester 1942 im Besitz von 1128 Feldpostbriefen und -karten
(so in der Durchschrift des Briefes unterstrichen) war. Seit mindestens
2 fahren habe ich keine einzige Sendung unbeantwortet
gelassen und deshalb an einzelnen Tagen, besser gesagt: Nächten,
12, ja bis zu 35 Briefe zu schreiben gehabt. Zu Neujahr 1942
habe ich den von der Kolpingfamilie herausgegebenen Neujahrs-
brief, zu Pfingsten und Allerseelen einen eigenen Brief mit dem
Beiblatt (Anm.: Das Beiblatt ist leider nicht erhalten) an alle erreichbaren
Krieger gesandt. Den Pfingst- und Allerseelengruß
habe ich in der Kirche verteilt, wo die Zettel reissend Absatz
fanden. Zur Fastenzeit hatte ich wieder etwas Ähnliches vor. Um
über die Korrespondenz wenigstens einigermaßen Herr zu werden
, habe ich auch Briefe geschrieben, in denen ich einen mehr
allgemein gehaltenen Text vervielfältigte, und mit Hand Anrede
und Unterschrift und einige persönliche Sätze hinzufügte."


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