Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 422
(PDF, 85 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0423
422

Karl Hansert

Da raubte die Gestapo dem Heimatpfarrer schon nach dem
2. Rundbrief, also wohl bald nach Kriegsbeginn, seine „wertvollen
und unersetzlichen Adressenkarthotheken", damit es
ihm unmöglich wird, mit seinen „Kriegern" weiter in Verbindung
zu bleiben. Aber das hatte diesen hartnäckigen Pfarrer
und Weltkrieg-l-Soldaten nicht zum Schweigen gebracht: Er
schrieb wenigstens den Soldaten, von denen er selbst Post
bekam, wobei es doch höchst erstaunlich ist und ein bezeichnendes
Licht auf die Persönlichkeit des Pfarrers werfen dürfte,
dass die Soldaten ihrem Heimatpfarrer schreiben. Und nun erdreistete
sich dieser auch noch, in der Kirche die Namen der
„unsinnig vielen Gefallenen" - 79 Namen! - vorzulesen und
dazu auch noch kleine Holzkreuze mit den Namen der Gefallenen
auszuteilen, zur Erschütterung der Gemeinde, und das zu
einer Zeit, in der den Tageszeitungen befohlen war, die Todesanzeigen
der Gefallenen kleinformatig zu halten. Das war für
die Gestapo nicht weiter hinnehmbar, damit musste endgültig
Schluss gemacht werden. Wie das geschah, berichtet er seinem
Erzbischof und dem Ordinariat in Freiburg:

„Die von der Ge.Sta.Po. getroffenen Maßnahmen bestanden
darin, dass die große AEG-Schreibmaschine und der neue GEHA-
Vervielfältiger beschlagnahmt werden, dazu noch der Allerseelengruß
1942. Die konfiszierten Gegenstände wurden 2 Tage später
per Auto nach Offenburg geholt."

„Der Gestapo-Mann", so fährt der Pfarrer fort, „durchwühlte
auch noch meinen Schreibtisch und hat mitgenommen, ,Mein
Osterweg zum Tisch des Herr', das ist die Hinführung zur Erstkommunion
, eine broschierte Fassung für jedes Kommunionkind,
66 Stück zusammen, auch das ,Kommunionglöcklein\ Alles beschlagnahmt
und sofort alles mitgenommen, dazu das Protokoll
zu den Marienfeiern vom 16. und 23. August (Anm.: 1942). Die
Vervielfältigung desselben in einer Auflage von 300 hatte den
Zweck, die Erinnerung an das Gelöbnis wach zu halten und zur
Erfüllung aufzumuntern. Mein an Ort und Stelle vorgetragener
lauter Protest war vergeblich."

„Lauter Protest" ist unterstrichen, und wer den Pfarrer gekannt
hat, weiß, der Pfarrer konnte wirklich laut werden.
(Anm.: „Das Gelöbnis", abgelegt bei den erwähnten Marienfeiern
, bestand darin, dass die Gemeinde in der Kirche einen
neuen Marienalter errichten würde, sollte das Dorf vom Krieg
einigermaßen verschont bleiben. Das Gelöbnis hat die Pfarrgemeinde
im Sommer 1950 feierlich eingelöst.) „Ich habe


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2016/0423