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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 426
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Karl Hansert

beizustehen. Dann kamen aus ihrer Heimat in Schlesien, Ostpreußen
und in Pommern vertriebene Menschen protestantischer
Konfession, fast 200, in das rein katholische Dorf mit
knapp 3000 Einwohnern. Der Pfarrer stellte das Gemeindehaus
unverzüglich als Notunterkunft zur Verfügung, sein
Schlafzimmer räumte er aus und stellte sein Bett hinter ein
Bücherregal in seinem Schreibzimmer - das sollte dann auch
so bleiben! - und nahm in das Pfarrhaus eine Familie mit zwei
Kindern auf. In leicht vorwurfsvollem Ton sagte man von
ihm, er würde sein letztes Hemd geben. Die Flüchtlinge, wie
man sie noch lange nannte, waren ja nicht immer gerade willkommen
. Er ging deshalb in die Häuser, in die die Vertriebenen
eingewiesen waren, suchte zu vermitteln, den Frieden
wieder herzustellen.

Als nach wenigen Jahren die ersten protestantischen Vertriebenen
in katholische Familien im Dorf einheirateten, vollzog
er, der als junger Priester noch den „Antimodernisteneid"12
hatte ablegen müssen, zusammen mit einem angereisten protestantischen
Pastor die ersten sogenannten ökumenischen
Trauungen - das 2. Vatikanische Konzil mit dem „Dekret über
dem Ökumenismus" kam erst 20 Jahre später.

Über 27 Jahre hin, bis zum Jahre 1960, wirkte er in der
Gemeinde, bis ihn ein fortschreitendes Augenleiden zwang,
seinen priesterlichen Dienst aufzugeben. Er hat diesen Dienst
immer als seine Berufung und als die ihm von Gott übertragene
Aufgabe verstanden, wobei er oft Strenge mit heftigen
und ungeduldigen Ausbrüchen, aber auch eine große Güte
und Frömmigkeit und nicht zuletzt eine große theologische
und literarische Bildung in sich vereinte. Was auch immer
über ihn gesagt wird: Er hat keinem seiner Peiniger etwas
nachgetragen. Seine beeindruckend starke Persönlichkeit und
der große Rückhalt in seiner Gemeinde waren es wohl, die ihn
letztlich vor dem Schlimmsten bewahrten. Die Gemeinde
ehrte ihn bei seiner Verabschiedung mit der Würde eines
Ehrenbürgers. Er hat sich, so in der Würdigung, „als Hirte und
Seelsorger in den Herzen der Pfarrkinder ein Denkmal gesetzt
".

Am 29. Mai 1979 starb er im Pflegeheim „St. Jakob" in
Schutterwald und wurde am 31. Mai, seinem Wunsche entsprechend
, auf dem Friedhof seiner Gemeinde beigesetzt, „begleitet
von einer unübersehbaren Menschenmenge und 22 Priestern
"13.

Auf die Innenseite des Deckblattes des Aktenbündels hatte der
Pfarrer geschrieben:


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