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Heinz G. Huber
Abb. 4: Renchtäler
Jugendwehrmitglieder
während einer
Geländeübung beim
Geigerskopfturm in
Diebersbach
Dörflinger sollte von der rechten
Flanke angreifen oder dem Gegner
in den Rücken fallen, der
„staunen wird, wie die Ulmer-Deutschen
losbrechen und Verderhen in
den Reihen des Gegners bringen''.
Das Manöver wurde mit Geselligkeit
beendet: Die „Waldulmer
Gebirgsmusik" gab ein Konzert.
In den Richtlinien des Kriegsministeriums
war strikt festgelegt
worden, dass die Ausbildung
ohne Waffen zu erfolgen habe.
Der badische Jugendwehraus-
schuss beklagte, dass Jugendwehren
im Gelände „mit Revolvern,
Pistolen, kleinen Gewehren und
mancherorts mit Böllern" schießen
würden. Landesweit wurde dazu
aufgefordert, strafend gegen „dieses
gemeingefährliche Treiben" einzuschreiten
.24 Dass diese Warnungen vor Waffengebrauch der
Jugendlichen nicht unbegründet waren, zeigte der Tod des
17-jährigen Rudolf Busam aus Nußbach. Er wurde „Opfer des
vielfach grassierenden Jugendunfugs", so die Lokalpresse.25 Er
hatte mit einem Revolver Jagd gemacht auf Katzen, Spatzen
und anderes Kleingetier und sich dabei in den Oberschenkel
geschossen. Da er die Verletzung verheimlicht hatte, starb er an
Wundfieber. Wer für den Krieg begeistert wurde, konnte
schlecht nachvollziehen, dass er nicht auch eine Waffe benutzen
durfte. Bei der Werbung für den Verkauf von Luftgewehren
wurde in der Presse mit dem Bild eines jugendlichen Schützen
geworben, der von einem Ausbilder angeleitet wird (Abb. 5).
Krise und Kritik der Jugendwehren
Nachdem die Kriegseuphorie mit zunehmender Dauer des Krieges
merklich abkühlte, nahm auch die Kritik an den Jugendwehren
und ihrer Ausbildungspraxis zu. So wurde beklagt, dass
die Mannschaften der Jugendwehr an Übungstagen recht spät
nach Hause kämen: Nach den Unterweisungen bzw. Übungen
suchten sie noch die Wirtschaften auf. Landwirtssöhne würden
vom Füttern des Viehs abgehalten.26
Da die Mitgliedschaft freiwillig war und bleiben sollte, war
der Mitgliederschwund bald unübersehbar. Jugendliche waren
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