Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
96. Jahresband.2016
Seite: 483
(PDF, 85 MB)
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Neue Literatur

Volkserhebung noch nicht niedergeschlagen
worden war): „Ich mache die Anzeige, dass ich
mich einige Zeit hier aufhalten werde, um
Daguerreotypie-Porträts zu fertigen. Für ähnliche
und sehr deutliche Bilder wird garantiert
... Leopold Schmitt, logierend im Zähringer
Hof."

Sorgfältige und langjährige Recherchen in
kommunalen wie privaten Archiven, in Wochenzeitschriften
und auf Flohmärkten haben
dem Verfasser ein außerordentlich umfangreiches
und wichtiges Material geliefert für die
vorliegende Arbeit, die man schlichtweg als
Fundament regionaler Fotografiegeschichte
wird bezeichnen können. Die Liste der Or-
tenauer Fotografen jener ersten Jahre ist lang,
sie nennt Namen aus Bühl, Achern, Lichtenau
, Freistett, Rheinbischofsheim, Kehl (und
Straßburg), Willstätt, Kork, Oberkirch, Offenburg
, Lahr, Ettenheim. Eine fundierte Literaturliste
im Anhang, die Qualität der Bilder, die
großzügige Ausstattung durch den Verlag -
eine sehr begrüßenswerte Erweiterung der Or-
tenauer Kulturgeschichte! Martin Ruch

Stadt Elzach (Hrsg.), Heiko Haumann: Eine
„Judenaktion" 1938 in Elzach. Die Ausschreitungen
gegen die Familie Türkheimer - Hintergründe
, Verantwortung, Folgen. Ubstadt-
Weiher u.a. 2015, 136 Seiten.

Viele der „Ereignisse" im November 1938 wurden
für ganz Deutschland schon kurz danach
zusammengetragen und berichtet, natürlich
nicht in Deutschland (so etwa in den SO-
PADE-Berichten oder durch Konrad Heiden).
Vor allem in den letzten Jahren folgten dann
Zusammenstellungen für das Deutsche Reich
und auch viele Einzeldarstellungen zu Städten
sowie Regionen. Doch es gibt wohl bisher
keine Beschreibung der antisemitischen Schikanen
, die so ausführlich das Ereignis zeigt
und dazu auch die maßgeblichen Personen
vorstellt, dabei auch ihre Beziehungen untereinander
und zu der Opferfamilie. Denn es
war „nur" eine jüdische Familie im Elztal, die
es 1938 noch gab - die des langjährigen Tierarztes
Dr. Bruno Türkheimer. Seit Ende 1918
war er Tierarzt in Elzach, und er amtierte bis

1938 - obwohl dies mehreren Personen ein
Dorn im Auge war und sie aus verschiedenen
Gründen seine Abberufung betrieben. Weitere
Gründe ergaben sich auch aus seinen Aktivitäten
in der Freizeit, so als Jäger und Jagdpächter
- was bei gewissen Personen Neid hervorrief.
Denn der Tierarzt hatte auch eine Jagdhütte,
in Biederbach.

Dr. Türkheimer war verheiratet und hatte
zwei Kinder, die Familie war integriert und im
Wirtschaftsleben eingebunden, etwa durch
Verschwägerung. Das alles zeigt der Autor sehr
anschaulich und mit vielen Quellenangaben
in dem recht knappen Textteil (Seite 9 bis 71).

Der Text ist in zehn Abschnitte eingeteilt,
die - nach einem einfühlsamen Geleitwort des
Bürgermeisters - das Ereignis in seine Elemente
zerlegen und so knapp wie klar die Aktion
des offiziell überall als „spontaner Volkszorn
" bezeichneten staatlichen Pogroms analysieren
und versuchen, die Anteile der Urheber
zu ermitteln. Dabei wird natürlich auf die
Vorgänge nach 1945 zurückgegriffen, die Aussagen
in den Entnazifizierungsverfahren und
in den Entschädigungsanträgen.

Nach diesem neunten Kapitel, das nach
der Aufarbeitung der „Judenaktion" nach
1945 fragt, kommt eine ganz allgemeine wichtige
Frage. Denn es ist noch immer nicht
selbstverständlich, dass die Gemeinden ihre
Archive öffnen und Forschern, vielleicht auch
Schülern, den Einblick in die so lange unter
Verschluss gehaltenen Dokumente ermöglichen
. Im letzten Kapitel zeigt der Autor daher,
wieso es so lange gedauert hat, bis endlich
nicht mehr „der Friede in der Gemeinde" das
Ziel des Handelns der Lokalpolitiker war.
Noch 1989 war einem Arbeitskreis vom damaligen
Bürgermeister die Genehmigung versagt
worden, im Elzacher Stadtarchiv die Quellen
zu den Ereignissen einzusehen. Der Gemeindevorsteher
sah damals schutzwürdige Interessen
, die der Öffnung entgegenstünden - nicht
etwa von vielleicht noch lebenden Beteiligten,
sondern ihrer direkten Nachkommen.

Es sei „darauf zu achten, dass durch Publikationen
aus dem Gemeindearchiv nicht Gräben
zwischen Familien aufgerissen und Perso-


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