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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 78
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7Q Karl-August Lehmann

ternpaare trauerten um einen oder mehrere Söhne. 31 ehemalige
Soldaten waren jetzt Rentenempfänger. Sie mussten in
einem teilweise demütigenden Papierkrieg um den „Dank des
Vaterlandes" kämpfen, d. h. um ihre Anerkennung auf Erwerbsunfähigkeit
oder zumindest deren Einschränkung wegen
Kriegsverletzung. Pfarrer Busse zeichnet zum Jahresende ein
düsteres Bild:

Das Jahr 1918 hat uns die bittersten Enttäuschungen gebracht,
einen Umschwung und Entwicklungsgang des Krieges u. d. Politik
, die kein gewöhnlicher Mensch ahnen konnte. Kaiser weg,
Könige weg, Landesfürsten weg, die Militärmacht zusammengebrochen
, alles wankt und schwankt unter d. Füßen. Was soll
noch aus uns werden?5

Die wirtschaftlichen Probleme waren mit dem Ende des Krieges
nicht beseitigt und wurden durch die beginnende inflationäre
Entwicklung allmählich noch verschärft. Für viele Ober-
harmersbacher Familien bestimmte der Kampf ums Überleben
im wahrsten Sinne des Wortes den Alltag. Nicht wenige traf die
damals schlimm grassierende Grippe. Die Schulen waren zum
Ende des Jahres 1918 geschlossen, um die Ansteckungsgefahr
wenigstens etwas einzudämmen. Zusätzlich geschwächt durch
Fehl- und Mangelernährung, starben mindestens 12 Menschen
an den Folgen der Epidemie.6

In dem überwiegend landwirtschaftlich geprägten Ort
waren Mangel und ausreichende Versorgung äußerst ungleich
verteilt. Vor allem die Taglöhnerfamilien hatten unter der aktuellen
wirtschaftlichen Not zu leiden. Sachwertbesitzer, wie
z.B. die Landwirte, waren im Vorteil und von Preissteigerungen
im Lebensmittelbereich weniger betroffen. In fast allen
Bauernfamilien gab es zumindest ein erträgliches Auskommen,
wenn auch Ernteausfälle durch Spätfröste oder Trockenheit hin
und wieder für materielle Engpässe sorgten. In Zeiten des
Schwarzmarktes, der weiter blühte - man redete auch vom
„Schleichhandel" - waren Nahrungsmittel eine verlässliche
Handelsgröße, vor allem Schnaps gewann damals als Tauschware
gegen andere Bedarfsartikel des Alltags an Bedeutung.
Immer wieder festgesetzte Höchstpreise, wie sie der „Kommunalverband
Ortenau Land" zu diktieren versuchte, erwiesen
sich als nutzlos.7

Über die Arbeitslosigkeit, die in anderen Regionen stark zunahm
, nicht zuletzt wegen der heimkehrenden Kriegsteilnehmer
, die wiederum die in vielen Bereichen der Wirtschaft und
des öffentlichen Lebens eingesetzten Frauen wieder verdrängten
, gibt es für Oberharmersbach keine verlässlichen Zahlen.


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