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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 454
(PDF, 96 MB)
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4S4 Frauke Klumpp

wird hier auch der Unterschied zwischen Oberwärter sowie
Oberwärterinnen und Wärter beziehungsweise Wärterinnen
erklärt. Es wird sich verdeutlichen, dass und warum viele Wärterinnen
und Wärter nur kurz im Dienste der Rienau standen
und nur wenige bis zu ihrem Tod blieben.

In dieser Arbeit werden vier Dossiers von Wärterinnen angeführt
, die ungewöhnlich lange in der Rienau blieben und die
die Leben ihrer Patienten durch ihre Anwesenheit veränderten.

Im Fazit werden die zuvor gewonnenen Erkenntnisse zu-
sammengefasst und ein Ausblick zur weiteren Entwicklung
von Heil- und Pflegeanstalten nach der Schließung der Rienau
gegeben.

Die Lage der Geisteskranken

Zu früheren Zeiten wusste man nicht, dass Geisteskrankheit
eine Krankheit des Gehirns ist und die Menschen, die darunter
litten, wirklich krank waren. Da die Ursache dieser Krankheit
unbekannt war, bezeichnete man die Menschen als gestört
oder besessen. Sie wurden gemieden, weggesperrt und ihrem
Schicksal überlassen. Viele wurden auch einem Exorzismus
ausgesetzt. Wenn ein Mensch tobte und um sich schlug,
glaubte man, dass er von Dämonen besessen sei, und man
versuchte auf religiöse Weise ihn aus dem Besessenen herauszuholen
. Viele Angehörige schämten sich für ihre irren Verwandten
und bangten um ihren Ruf, weshalb sie auch oftmals
in einen dunklen Raum sich selbst überlassen wurden. Andere
wurden in Gefängnisse oder andere Häuser aufgenommen, wo
sie oftmals der Willkür der Hausverwalter und Gefängniswärter
ausgesetzt waren. Bei störrischem Verhalten wurden sie
häufig geschlagen, das kärgliche Essen wurde gekürzt, sie wurden
in Käfige gesperrt oder gefesselt, bis sie sich wieder beruhigt
hatten.1 Philippe Pinel gilt als Begründer der wissenschaftlichen
Psychiatrie.2 Um 1792 bat er den Gemeinderat
Paris darum, die Kranken seiner Einrichtung von den Fesseln
zu befreien. Nachdem er mehrere Male abgewiesen wurde,
wurde er schließlich von einem Mitglied des Gemeindeausschusses
besucht. Dieser überzeugte sich davon, dass von den
Kranken keine größere Gefahr ausging und ließ Pinel freie
Hand. Obwohl einige von ihnen gefürchtet waren, änderten
sie ihr Verhalten nach ihrer Befreiung. Die zunehmende Zahl
der dem Leben und der Freiheit wiedergegebenen Irren häufte
auch die der Genesungen, zerstörte den Glauben an ihre Un-
heilbarkeit und schuf, an Stelle der alten Detentions-3 und
Tollhäuser, Häuser, in denen die Wissenschaft das Wesen der


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