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§11. Gatterers Entwurf einer Germania sacra medii aevi
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Es sind demnach ganze Bündel von Entwicklungsreihen,
aus denen sich die Geschichte eines Episcopatus zusammen«
setzt. Bei der Darstellung seiner Geschichte erheben sich
sofort zwei Fragen. Erstens: Sollen alle oder nur einzelne
und welche einzelnen Stränge aus diesen Bündeln in ihrem
geschichtlichen Verlauf verfolgt werden? Genügt es etwa,
nur den Kernfaktor allein zu behandeln und alles andere
überhaupt wegzulassen oder mehr oder weniger verkümmert
in den Hintergrund zu stellen, wie es z. B. Ughelli und prin*
zipiell, wenn auch in viel geringerem Maße, auch noch Hansiz
getan hat? Diese Bündel von Entwicklungsreihen erscheinen
mehr oder weniger auch in den größeren Unterteilungen einer
einzelnen Diözese, nämlich in den Archidiakonaten und
Dekanaten. Damit ergibt sich die zweite Frage: Soll man sie
zur Darstellung bringen innerhalb der einzelnen Unterteilung
gen oder aber nur in dem großen Gesamtrahmen der Diözese?
Das erstere hat van Heussen versucht, den letzteren Weg
sind die Gallia christiana und Herrgott gegangen. Wie man
verfahren will und welche Auswahl man treffen wird, das
hängt davon ab, was man jeweils speziell beabsichtigt oder
für durchführbar hält. Das letztere wird immer Ermessens«
frage sein. Nur wird man sich bei der Entscheidung immer
bewußt bleiben müssen, daß man nicht willkürlich Dinge
trennt, die notwendigerweise zusammengehören, und daß der
Stoffauswahl auch der Titel zu entsprechen hat.
Wenn wir nach diesen Gesichtspunkten den Plan Herr?
gotts beurteilen, dann werden wir gestehen müssen, daß ein
Werk nach dieser Anlage von dem Gesamtzustand des kirch*
liehen Lebens einer Diözese doch ein wesentlich vollkomme?
neres Bild hätte geben müssen als alles übrige, was wir bisher
kennen gelernt haben — den einen van Heussen rühmlich
ausgenommen.
§ 11.
Gatterers Entwurf einer Germania sacra medii aevi.
Etwa zwanzig Jahre waren verflossen, seitdem dieser
Plan von Herrgott und die zwei ersten Bände der Germania
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