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§ 22. Die Fortsetzung der Germania sacra bis zum Tode Ussermanns 159
VII—X in den vorausgehenden aufgeteilt sind. Das Ideal*
schema, von dem wir oben S. 34 sprachen, ist Ussermann
wohl vorgeschwebt. Und man kann seinem Versuche die
Anerkennung nicht versagen, daß er kein ganz schlechter
Ausgleich ist zwischen einem solchen Ideal und den durch
tausend Gründe gebotenen Anforderungen auf Kürze.
Die Kritik der „Göttingischen Anzeigen"1) ist auf diese
Frage der Stoffauswahl (vgl. oben S. 83) nicht mehr ein*
gegangen. Aber sie hat die schwache Seite des Episcopatus
Wirceburgensis klar erkannt und offen berührt. Es ist der
schwache Punkt in der Organisation des ganzen Unterneh*
mens überhaupt, auf den auch wir auf Grund unserer Kennt?
nis der Korrespondenz oben S. 120 f. hingewiesen haben. Die
Göttinger bemerken, wo sie von der geringen Unterstützung
durch die geistlichen Archive sprechen (S. 74 f.): „Hin und
wieder leuchtet ein Unwille über die zu trägen und zu wenig
dienstwilligen Ordensmänner in den Klöstern hervor. Aber
wenn man erwägt, daß manches Kloster keinen Ordensmann
hat, der Urkunden zu lesen oder zu gebrauchen verstehet, so
scheinet es, daß das Stillschweigen manchen Klostervor*
gesetzten unbillig zur Last gelegt wird. Das Stift St. Blasien
sollte billig das für seine Gelehrte tun, was schon manche
minder reiche Gesellschaften für die ihrigen getan haben,
und in jede Provinz einen oder mehrere Ordensmänner mit
zureichenden Geldsummen schicken, um sich einige Zeit in
jedem Stift oder Ordenshause aufhalten zu können und in
selbigem das, was sie brauchen, selbst aufzusuchen und ab*
zuschreiben. Dann würde die Urkundensammlung zuver*
lässig mehr Neues enthalten, als die, welche diesem Bande
beigefügt ist, in welcher unter 127 Stücken nur 50 bisher un*
gedruckte Stücke erscheinen." Die Göttinger hatten mit
diesen Bemerkungen zweifellos auf die tatsächlich schwäch*
ste Seite des ersten Bandes der Germania sacra hingewiesen,
auf eine Unvollkommenheit, deren sich übrigens Ussermann
selber sehr wohl bewußt war und die er vor jeder Kritik ganz
offen eingestanden hat. „Ex nihilo enim nihil fit." In einem
Irrtum befanden sich die Göttinger aber wohl mit ihren Vor*
l) Jahrgang 1796 I. Bd. S. 73—77 vom 14. Januar 1796.
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