http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_3/0031
Kirche voll beschäftigt. Das Reichsstift konnte sich mit dem Bau im fernen Wonnental nicht selbst
befassen, es bestimmte nur, was für alle ihm unterstellten Frauenklöster zu gelten hatte die von
kleinen Grundherren gestiftet worden waren: einschiffige Kirche, gerader Chorschluss.
Wir dürfen annehmen, daß die Augustinerinnen des ersten Klösterchens Wonnental von 1244 -
1254 in bescheidenen Gebäuden lebten und nur einen kleinen Betraum zur Verfügung hatten. Mit
dem Bauen wollte es nicht so recht vorangehen. Die Augustiner waren nicht im selben Maß baulustig
und praktisch veranlagt wie die Zisterzienser, was mit ein Grund gewesen sein mag, daß die
Herren von Uesenberg, die Stifter, im Jahre 1254 beim Generalkapitel des Zisterzienserordens um
Aufnahme von Wonnental in ihren Orden baten. Sie wollten ein solide gebautes, nicht völlig
kunstloses Hauskloster haben. Die Zisterzienser im nahen Tennenbach hatten für ein solches
Unternehmen die Erfahrung und die geeigneten Leute. Wie aus Stein gegossen, in strengen aber
edlen Formen lag ihr Kloster in einer Lichtung des Tennenbachtales - als ein Muster vollkommener
Baukunst! Ein vereinfachtes Abbild davon wollten sie wenigstens haben. Es ist jedoch gewiss,
daß die Uesenberger weder die Mittel, noch die Willenskraft hatten, ihr Kloster mit genügend Stiftungsgut
auszustatten. Der Bau mußte auch aus diesem Grund bescheidener ausfallen.
Die erste Zisterzienserkirche wurde noch in früh-
hochgotischen Formen gebaut, wie das Portal in
der Südwand mit seinem schönen Gewändeprofil
zeigt. Die Zisterzienser hielten an diesen Stilformen
noch bis gegen 1300 fest, weshalb dieses
Portal keinen zuverlässigen Aufschluß über den
Baubeginn der Tennenbacher Steinmetzen in
Wonnental geben kann. Gewiss erscheint jedoch
, daß kurz nach 1254 begonnen wurde, solange
die Stifterfreude der Gründer noch anhielt.
Das kraftvolle Portal war der Zugang zur Kirche
vom Kreuzgang aus. Durch dieses zogen die
Nonnen in feierlicher Prozession zum Hochamt. Abb. 1 Portalgebäude
Die Uesenberger ünd ihre Angehörigen hatten ihren Zugang zum Besuch der Messe über die
Klosterpforte, untergebracht im schmälsten Haus von Wonnental (Nr. 22), das neben dem Haus
des Propstes (Haus Elisabet Spies) steht. Durch eine einfache rechteckige Tür betritt man einen
kleinen Vorraum, rechts mit Eingang zu einem Keller, links gelangt man über ein paar Treppenstufen
auf eine Art erhöhtes Podest mit einem Vorzimmer von dem aus die Pförtnerin eine gute Übersicht
auf die Eintretenden und die bereits im Vorraum befindlichen Besucher hatte. Durch ihre
Zelle führte wohl auch das Seil der Kirchenglocke mit dem sie notfalls auch ein Alarmzeichen
geben konnte. Sie empfing Besucher und speiste Gäste.
Von hier, dem etwa 2.30 m hohen Podest aus, gelangte man ursprünglich durch eine schmale Pforte
auf eine gemauerte Empore im Nebenhaus, dessen heutige Räume innerhalb der Westwand der
damaligen Kirche liegen. Diese Empore war nicht sehr tief, vielleicht 3 - 4 Meter. Darauf nahmen
die Adeligen Platz, hatten eine gute Sicht in das lange Schiff, den fernen Chor. Doch sie erfreuten
sich nur genau ein Jahrhundert lang dieser hohen Loge, denn die Kenzinger Linie der Uesenberger
starb 1354 aus. Es ist zu vermuten, daß die Empore danach vergrössert, bis zum gotischen Portal in
der Südwand des Kirchenschiffes vorgezogen und von den Nonnen benutzt wurde. Die stilistischen
Unterschiede der noch heute vorhandenen Tragsteine, von den alten Kopfkonsolen bis zu
den jüngeren abstrakt und zisierziensisch-nüchtern gestalteten abgerundeten Kragsteinen, welche
noch in der Mauer geblieben sind, könnten dies bestätigen. Die interessanten Kopfkonsolen sind
einer späteren gesonderten Deutung würdig. Unter der Empore im rückwärtigen Teil befand sich
wahrscheinlich die Gruft der Stifter, der Kenzinger-Uesenberger.
29
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_3/0031