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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1982-2_4/0025
Die Pfarrscheuer

Der stattliche Bau- die Mauern sind einen Meter dick- zwischen Schloß und Pfarrhaus ist
nicht zu übersehen. Nicht nur äußerlich und von der Architektur her stellt es die Verbindung
zwischen weltlicher und kirchlicher »Macht« dar; beide, Grafen und Pfarrherren,
besaßen Teile des Gebäudes, was aber völlig in Vergessenheit geriet. Erst beim Umbau
entdeckte man zufällig, daß ein Teil des Grundstückes der neuen Besitzerin des Schloßes,
der Stadt Kenzingen, gehörte. Der großzügige Verzicht der politischen Gemeinde Ken-
zingen unter Bürgermeister Walter Rieder ermöglichte eine Grundbuchberichtigung.
Somit gehört das Haus nun ganz der Kirchengemeinde.

Obwohl dieses Gebäude im wesentlichen zur landwirtschaftlichen Nutzung bestimmt
war, treten die funktionalen Aufgaben ganz hinter der Architektur zurück im Gegensatz
zu den Scheunenbauten der Gotik oder des Barocks. Die Pächter schildern die Scheune
auch als umständliche und für rationelles landwirtschaftliches Arbeiten nicht besonders
geeignet. »Spätklassizistischer Stil unter Einfluß der Weinbrennerbauten von
Karlsruhe«, sagt der Fachmann, Baudirektor Laule vom Erzbischöflichen Bauamt. So
ist es auch nicht verwunderlich, daß das Denkmalamt diesem Haus einen hohen baugeschichtlichen
Rang zuerkannte und es unter Denkmalschutz stellte. Außenfassaden und
Teile des Innenausbaues, so die beiden Gewölberäume im Erdgeschoß und die Holzkonstruktion
des Dachstuhles mußten somit erhalten bleiben. Für uns heutige Menschen ist
es seltsam genug, eine Scheune so »stilvoll« zu bauen.

Durch Zufall fanden wir eine Zettelnotiz von Pfarrer Krieg, die uns ein wenig Aufschluß
gibt über den Bau der Pfarrscheuer im Zusammenhang mit dem Pfarrhaus:
»Der Berg, an dessen Fuß das Pfarrhaus samt Ökonomiegebäude erbaut sind, war immer
zum Rutschen geneigt. Das frühere Pfarrhaus (1608 erbaut), welches dem Berg etwas
näher gestanden haben soll als das jetzige, wurde durch das Verschieben des Berges
zusammengedrückt und darauf das jetzige 1778 erbaut.

1811 bemerkte man wieder das Verschieben des Berges an der alten Scheuer. 1816 wurde
die dem Berg zugekehrte Mauer eingedrückt, so daß das Gebälk auf den in die Scheuer
eingedrungenen Berg ruhte. Auch das Waschhaus wurde ganz zerstört. Man fürchtete
auch für das Pfarrhaus Gefahr und sah sich nach einem anderen um. 1826 wurde beschlossen
, das Pfarrhaus an seiner Stelle zu belassen. 1829 fiel die Scheuer ganz zusammen
, welche 1829/30 unter Pfarrer Jos. Dischinger wieder erbaut wurde.«

Unsicher bleibt, ob Teile der alten Scheune beim Neubau übernommen wurden, so der
Teil zum Schloß hin mit den hinteren Gewölberäumen, dessen Grundstück ja dem Grafen
gehörte. Alte Hecklinger betonen, daß dort die Schloßkapelle untergebracht worden
sei. Unmöglich ist dies nicht, zumal die Grafen eigene Schloßkapläne hatten, die teilweise
in der Pfarrkirche begraben sind. Ob dieser Raum auch noch nach dem Neubau als
Kapelle gebraucht wurde, ist nicht mehr festzustellen: Neuere Pläne (Mitte 19. Jahrhundert
) haben in beiden Gewölberäumen Schnapsbrennereien eingezeichnet.

Deutlicher werden die Schilderungen für unser Jahrhundert.

Hier ist klar, daß der hintere Gewölberaum als Küche gebraucht wurde. Über der Küche
war eine Kammer (die jetzige Teeküche des Gemeindehauses), die durch die einzige
Treppe im Haus erschlossen wurde. Die Wohnung diente den Schloßbediensteten als Unterkunft
. Sehr gut erinnern sich viele der »Rebmanns«; so wurden die Diener der Grafen
genannt, die die Rebberge zu betreuen hatten. Zwei Familien sind uns bekannt: Familie
Vogtsberger vom Kaiserstuhl und die Familie Fichter. In den dreißiger Jahren wohnten
hier (auch »Rattenburg« wohl nicht ohne Grund genannt), Familien, die in Wohnungsnot
geraten waren.

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