Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
3. Jahrgang.1983
Seite: 9
(PDF, 21 MB)
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(das beste Stück Vieh, das beste Gewand) an den Herrn abzugeben. Wenn unser Text
dies ausschließt, so stellt er damit klar, daß die Kenzinger Bürger freie Leute sind, denn
das freie Erbrecht ist ein Kennzeichen der persönlichen Freiheit. Auch für den Fall des erbenlosen
Todes, der bei den Zuwanderern in einer Gründungsstadt gewiß nicht selten
war, wird das Zugriffsrecht des Herrn ausgeschlossen. Zunächst wird der Nachlaß für ein
Jahr aufbewahrt, um den Verwandten in der Heimat des Verstorbenen Zeit zum Antritt
des Erbes zu geben. Erst wenn sich kein Berechtigter findet, wird der Nachlaß verteilt,
und nun erhält auch der Stadtherr einen Anteil.

Nicht nur von der Sterbefallsabgabe sind die Kenzinger Bürger aber befreit, sondern
auch vom Marktzoll - wirtschaftlich sicher eine bedeutsame Vergünstigung (Art. 3). Dabei
läßt der Text erkennen, daß man in Kenzingen auch mit Einwohnern rechnete, die
nicht das Bürgerrecht erwarben. Auch ihnen wird die Zollfreiheit zugestanden.

Der folgende Art. 4 ist klarer und zugleich moderner als seine Freiburger Vorlage.
Werden dort die Bürger bei Rechtsstreitigkeiten in schwer zu deutender Weise auf die
Rechtsgewohnheiten der Kölner Kaufleute verwiesen, so ist in Kenzingen unverkennbar
von einem Rechtszug nach Freiburg die Rede: bei einem zwiespältigen Urteil soll eine
Entscheidung nach Freiburger Recht (und das heißt doch wohl: in Freiburg) eingeholt
werden.

Zum Thema der Bürgerfreiheit kehrt Art. 5 noch einmal zurück, der dem Bürger die
freie Veräußerung seiner Hausstätte gestattet. Die Bedürftigkeit des Veräußerers ist dabei
wohl nicht als einschränkende Voraussetzung zu verstehen. Es war wohl schwer vorstellbar
, weshalb jemand sein Haus ohne Not verkaufen sollte.

Mit dem Frieden in der Stadt haben es die beiden folgenden Artikel zu tun. In Art. 6
geht es um den Hausfrieden, den jeder Bürger gegen gewaltsames Eindringen mit allen
Mitteln verteidigen darf. Art. 7 stellt den Stadtfrieden unter den Schutz harter Leibesund
Lebensstrafen, wie sie draußen auf dem Lande nur auf Grund eines beschworenen
königlichen Friedens galten. Ist der Friedensbrecher flüchtig, so verfällt sein Haus der
»Wüstung«. Seine Erben aber können nach einem Jahr durch Zahlung der Königsbannbuße
von 60 Schillingen das Grundstück auslösen und das Haus wieder aufbauen.

Art. 8 gestattet es dem Stadtherrn, wenn er zum Romzug des deutschen Königs aufgeboten
ist, von den Schustern und Hosenschneidern auf dem Markt die besten Schuhe und
Hosen als Abgabe zu fordern. Damit ist aber zugleich klargestellt, daß die Bürger zu anderen
Diensten und Leistungen nicht verpflichtet sind. Sie verteidigen ihre Stadt, aber
mit den Kriegen ihres Stadtherrn haben sie nichts zu schaffen.

Der knappe Art. 9 lenkt noch einmal zum Thema der Bürgerfreiheit zurück. Er erklärt
den Bürger und seine Frau im Hinblick auf die Erbfolge zu Standesgenossen, auch
wenn eines von ihnen von unfreier Geburt sein sollte. Spätere Quellen des Freiburger
Rechtskreises ziehen hieraus die naheliegende Folgerung, daß die Frau Erbin ihres Mannes
ist und umgekehrt. Anscheinend hat unsere Vorschrift dabei kinderlose Eheleute vor
Augen, denn daß Frau und Kinder den Mann frei beerben sollen, sagt ja schon Art. 2,
der allerdings die Möglichkeit eines Standesunterschiedes nicht ausdrücklich erörtert.

Mit dem Verhältnis zwischen Freiheit und Unfreiheit in der Stadt beschäftigt sich vor
allem Art. 10. Wer sich als Höriger zu erkennen gibt, erlangt in der Stadt nicht die Freiheit
; es steht bei seinem Herrn, ob er ihn in der Stadt läßt oder dort wegholt. Bestreitet er
seine Hörigkeit, so muß der Herr den Gegenbeweis führen. Wer aber Jahr und Tag in
Kenzingen gelebt hat, ohne von einem Herrn in Anspruch genommen worden zu sein,

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