Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
3. Jahrgang.1983
Seite: 16
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In fliegender Bereitschaft, aus Hochherzigkeit und Begeisterung waren sie geradezu praedesti-
niert neben anderen kleinen Städten, noch eine neue an der Elz zu gründen. Ein außerordentlich
fester Wille muß sie beseelt haben. Ihre Kräfte haben sich darin auch frühzeitig erschöpft, so daß
ihr Geschlecht wider Erwarten bald ausstarb.

Dieser schöpferische, rechtliche, gestalterische Wille, der mit Gottes Willen übereinstimmen
wollte, findet glänzenden Ausdruck in der Stadtrechtsverfassung und auch darin, in wie weitsichtiger
kluger Weise sie die hohen Herren ihrer Umgebung auf diese Verfassung festzulegen verstanden
haben: Im Namen Gottes, Amen.

In dieser Hinsicht hat ihnen der hochkultivierte Bischof von Straßburg Konrad III. von Lichtenberg
, die Formulierungen nachweislich zugebracht. Bereits, daß die Urkunde nicht nur lateinisch,
sondern auch in deutscher Sprache abgefaßt war - was erstmals bei einer Urkunde in dessen Familie
geschehen ist - beweist seine Mitwirkung und vielleicht ausschließliche Autorschaft.

Bischof Konrad war ein ungewöhnlich energischer tatkräftiger in weltlichen Dingen gewandter
tatenfroher Mann und dennoch von ehrlicher Frömmigkeit. Er entstammte einem der mächtigsten
Dynastengeschlechter des Elsasses,deren Stammburg nördlich von Zabern liegt, die aber noch einen
anderen Stammsitz am Neckar besaßen, inmitten der Grafschaft Löwenstein, welche einem leiblichem
Sohn König Rudolfs von Habsburg verliehen war. Die Lichtenberg selbst führten in ihrem
Wappen den aufrecht stehenden Löwen. Die Neckarburg Lichtenberg bei Bottwar besitzt eine der
schönsten und interessantesten Burgkapellen Deutschlands. Und hier sind die Wandmalereien zu
finden, welche zwar früher, 1280-83 datiert werden, aber stilistisch am nächsten verwandt sind mit
den Fresken in der Kenzinger Pfarrkirche. Nun muß man wissen, daß die Mutter des Rudolfs von
Üsenberg eine Elisabeth von Lichtenberg war, wahrscheinlich die Schwester des Bischofs von Straßburg
, dem Erbauer des herrlichen Liebfrauen-Münsters zu Straßburg, wo Erich von Steinbach die
Fassade ausführte.

Daß Hesso, und Rudolf über seine Mutter Elisabeth, in Straßburg besonders gern gesehen
waren und gefördert wurden, leuchtet ein. Dort wurde gewiß die Verfassungsurkunde in aller Ruhe
bedacht und formuliert, geschrieben und zur Besiegelung vorbereitet. Alles was gut und nützlich
war, was dem Ziel diente, die Stadt Kenzingen zu sichern, wurde hier mit scharfem Verstand festgelegt
. Das Abbild eines himmlischen Jerusalems sollte hier entstehen, ohne ein Wort in der Urkunde
verlauten zu lassen. Im Namen Gotten! aber auch im Willen Gottes ohne jede Widerrede und künftige
Änderung von Seiten der Herren.

Der Wille des Bischofs Konrad, des besten Freundes, zuverlässigsten Ratgebers und Helfers
König Rudolfs war bereits bei der Abfassung der königlichen Befreiungs-Urkunde in Breisach dabei
, kommt wieder in der geistigen Form, im Inhalt der Verfassung für Kenzingen zum Ausdruck:
er wollte seinen Verwandten Uesenbergern, aber auch den Bewohnern der Stadt nur wenig Zwang,
ein mildes Joch auferlegen, und so dem Glaubensakt, Leben und Hoffnung sichern. Die Stadt
konnte erblühen. Konrad war es, der all die umliegenden Grafen und Herren trotz verschiedener gegensätzlicher
Interessen, gerade im Hinblick auf die Stadtgründung Kenzingens, diplomatisch unter
einen Hut brachte und sie auf einer für alle leicht erreichbaren Burg zur feierlichen Besiegelung bewegen
konnte. Diese fand mit größter Wahrscheinlichkeit auf der Nimburg statt - denn sie gehörte
zu jener Zeit dem Bischof Konrad von Straßburg. Es ist zwar kein Ausfertigungsort auf der Urkunde
angegeben, aber dies gerade spricht für die Nimburg. Bischöfe haben sich zu Geschäften selten
auf eine andere Burg begeben, vielmehr haben sie aus Gründen möglicher Beeinflussung stets die eigenen
Burgen bevorzugt; sie wollten und mußten ihren höheren Willen in entsprechender Form
durchsetzen: Im Namen Gottes, Amen ! -

So war es denn auch: die Herren versammelten sich an einem Sommertag auf der Nimburg,
wurden freundlich bewirtet und in gute Laune versetzt, wegen mancher Mißgunst untereinander.
Die souveräne höfische und kultivierte Art des Lichtenbergers war ihnen, den Burgenbesitzern, Jägern
und in Geldnöten schmachtenden Adligen ein stets willkommenes Erlebnis. Zusammen mit
Unterhaltung in Musik, freier Tafel und Futterkrippe für die Pferde war es allen lieb, hier gut aufgenommen
zu sein, politische wirtschaftliche bautechnische und künstlerische Neuigkeiten zu Gehör
zu bekommen und zwischenhinein die unverfänglich geschriebene Stadtverfassungsurkunde
von Kenzingen zu besiegeln. Ich könnte mir denken- es muß nicht so sein - daß dies aus praktischem
Grund erst bei Kerzenlicht durchgeführt wurde. Denn man blieb, wenn schon einmal alle Hohen
des Breisgaus zusammenfanden, gerne etwas länger unter sich. Auch die Möglichkeit zu einem
Nachtlager waren in der Burg gegeben, notfalls mußte sie ja eine ansehnliche Besatzung aufnehmen
können. Es kann sein, daß alle zusammen ein paar Tage blieben, die Fischteiche waren unerschöpflich
. Wichtig war nur der ausgezeichnete Koch des Bischofs! Die Herren waren außer den Üsenber-
gern und den Schwarzenbergern, welche sehr viel reiten mußten, sicher keine Gut-Kost-Verächter.
Sie hatten dementsprechende »Beschwerden«, welche nur das Beste vertrugen. Auch vom Wein

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