http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1983-3/0043
Durch den Wiederaufbau verschoben sich die Hausgrundrisse in die Breite; in der Tiefe
wurden sie durch das bestehende Straßennetz festgehalten. Eine Überprüfung der historischen
Hofstattmaße ergibt, daß nur ganz selten die alten Grundstücksgrenzen erhalten
blieben. Sie sind in der Abb. 3 dargestellt. Erhalten blieb außerdem die traufseitige Stellung
der Häuser zur Straße. Dies entsprach zweifellos ebenfalls dem Vorbild der Freiburger
Marktanlage.
Nachdem zur Zeit der Stadtgründung offenbar Gottesdienst in den Pfarrkirchen des abgelegenen
Dorfes Kenzingen, St. Peter und St. Georg, gehalten wurde, wurde die Stadtkirche
an dem ihr bestimmten Platz Ende des 13. Jahrhunderts gebaut. Dieser vom großen
Straßenkreuz mit seinen Marktständen abgesetzte Standort der Kirche ist wiederum
signifikant für Zähringer Gründungen wie Freiburg, Villingen, Rottweil u.a.
Die heutige Stadtkirche steht zwar im Ort ihrer damaligen Gründung, ist jedoch durch
Um- und Anbauten wesentlich verändert worden. Der Kirchhof wurde mit der Erweiterung
der Siedlung, wie auch in den Zähringer Städten »vor die Mauern« verlegt.
Diese Mauern, einstmals bewehrt mit Türmen und Toren sind heute bescheidene Zeugen
vom Aufblühen dieser Stadt und ihrem Niedergang durch Kriege und Fehden. Ihre Mauerreste
sind nur an wenigen Stellen noch sichtbar. Über ihr allmähliches Verschwinden
sind nur spekulative Aussagen möglich. Eine Vermutung ist, daß man über die begrenzende
Mauer hinweg Land bis zur Elz gewinnen wollte, um die Siedlung zu erweitern. Eine
andere, die Erkenntnis, daß die Steine ein gutes Material für einen soliden Hausbau
abgeben, eine Erkenntnis übrigens, die in vielen alten Städten zum Abbruch der Mauern
geführt hat, soweit sie nicht im Vollzug kriegerischer Handlungen geschleift werden
mußten.
In 700 Jahren hat die Stadt zwar ihr »Gesicht« verändert, soweit dies Fassaden und Bauweise
betrifft. In vielen Epochen des Wiederaufbaus hat sie sich in ihrer äußeren Gestalt
dem Stil der jeweiligen Zeit angepaßt. In ihrer Grundstruktur, dem Stadtgrundriß, ist sie
dank dem Traditionsbewußtsein ihrer Bürger erhalten geblieben.
Aus der Sicht des Stadtplaners lohnt sich der Einsatz, eine solche Stadt lebendig zu erhalten
und den auf modernen Komfort ausgerichteten Bürger darin heimisch zu machen.
Dies allerdings unter strenger Beachtung ihrer Maßstäbe, niederlegt in der Gründungsurkunde
der Herren von Üsenberg.
Anna Maria Husserl
41
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1983-3/0043