Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
3. Jahrgang.1983
Seite: 48
(PDF, 21 MB)
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Dann trat Nebukadnezar vor die Tür des Ofens und rief
aus:»Schadrach, Meschach und Abdenego, Diener des höchsten
Gottes, geht heraus und kommt her!« Diese traten heraus
. Alle Beamten versammelten sich um den König um jene
Männer zu sehen über deren Leib das Feuer keine Gewalt hatte
. Kein Haar ihres Hauptes war versengt und ihre Mäntel waren
unverseht, nicht einmal Brandgeruch haftete ihnen an.

Nebukadnezar rief: »Gepriesen sei der Gott des Schad-
rach und seiner Gefährten, der seinen Engel sandte und seine
Diener befreite, die auf ihn vertrauten und ihren Leib hingaben
, nur um keinem anderen Gott Verehrung und Anbetung
zollen zu müssen als nur ihrem Gott. Von mir aus ergeht jetzt
der Befehl: Wer über den Gott Schadrachs eine Lästerung
ausspricht, der soll zerstückelt und dessen Haus in einen
Schutthaufen verwandelt werden. Denn es gibt keinen anderen
Gott, der so retten könnte wie dieser.« Dann ließ er die
drei in der Provinz Babel wieder erfolgreich wirken.

Er gab noch einen Erlaß an alle seine Völker heraus, in
dem er die gewaltigen Zeichen und Wunder des erkannten
höchsten Gottes pries, daß dessen Reich ein ewiges sei, das
von Geschlecht zu Geschlecht bestehe. Dann lebte er sorglos
und glücklich in seinem Palaste.

Zu König Nebukadnezar kommt aber unerwartet ein Traumgesicht. Der Traum steigt aus
seiner Machtbegierde, seinem Hochmut auf und bringt ihn später zu Fall. Er sieht einen gewaltigen
Baum auf der Erde, der wuchs bis in den Himmel. Da aber stieg ein heiliger Wächter vom Himmel
herab und rief mit mächtiger Stimme: »Fällt den Baum, seine Zweige schlagt weg, streift sein Laub
ab, zerstreut seine Früchte, die Tiere unter ihm sollen fliehen, die Vögel aus seinen Zweigen. Jedoch
seinen Wurzelstock laßt im Boden zurück und zwar in einer Fessel von Eisen und Erz im Grün des
Feldes. Sein Herz sei nicht mehr ein menschliches Herz, zuteil werde ihm ein tierisches. Auf der
Wächter Entscheid beruht dieser Beschluß und auf den Befehl der Heiligen diese Aufforderung, damit
die Lebenden erkennen: Der Höchste hat Gewalt über menschliches Königstum. Wem er will,
verleiht er es, den niedrigsten der Menschen kann er dazu erheben.«---

Nur Daniel vermochte diesen Traum zu deuten: Der König selber war mit diesem riesenhaften
Baum gemeint, der gefällt werden sollte. Der Wurzelstock, der stehen bleiben sollte, bedeute, daß
sein Königtum erhalten bleiben werde sobald er anerkenne, daß der Himmel die Macht hat. Daniel
zu Nebukadnezar: »Darum o König, laß dir meinen Rat gefallen. Tilge deine Sünden durch Mildtätigkeit
und deine Vergehen durch Barmherzigkeit gegen Elende. Dann wird vielleicht dein Wohlergehen
von Dauer sein.«

Doch Nebukadnezar wurde nach 12 Monaten schon wieder hochmütig, als er in seinem Palaste
hin und herlief und sprach: »Ist dies nicht das großartige Babel, das ich mir als königliche Residenz
erbaut habe in der Stärke meiner Macht und zum Ruhme meiner Pracht?« -

Noch war dem König das Wort nicht entflohen, da ertönte eine Stimme vom Himmel: »Dir König
Nebukadnezar sei gesagt: Das Königstum ist von dir gewichen! Aus der menschlichen Gesellschaft
wird man dich verstoßen, bei den Tieren des Feldes wird dein Aufenthalt sein, Gras gibt man
dir zu essen, wie Rindern. Sieben Zeiten gehen über dich dahin, bis du erkennst, daß der Höchste
Gewalt hat über menschliches Königstum und daß er es verleiht, wem er will.« - Noch in der gleichen
Stunde erfüllte sich der Spruch an Nebukadnezar!

Am Ende der sieben Jahre erhob Nebukadnezar die Augen zum Himmel und sprach: »mein
Verstand kam mir wieder, ich pries den Höchsten, den Ewiglebenden lobte und verherrlichte ich:
Ja, seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft von Geschlecht zu Geschlecht. Alle Erdbewohner gelten
wie nichts, mit dem Himmelsheere verfährt er wie er will, und mit den Bewohnern der Erde. Keinen
gibt es, der ihm auf die Hand schlagen und zu ihm sagen dürfte: »Was tust du da?« - Nunmehr
lobe ich, Nebukadnezar, rühme hoch und verherrliche den Himmelskönig, denn all sein Tun ist zuverlässig
. Seine Wege sind recht; die in Hochmut wandeln, vermag er zu stürzen.

Man wird sich fragen: Weshalb diese Ausbreitung der alttestamentarischen Geschichte im
Buche Daniel, von den Jünglingen im Feuerofen, vom Traum und Schicksal des Gewaltherrschers
Nebukadnezar ? -

Nicht nur, daß sie die Deutung der Fresken zweifelsfrei ermöglicht hat, überdies Bezug nimmt
zu den Kopfkonsolen - sie ist Grundlage einer gültigen Antwort auf die Frage: Wozu gerade diese

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