Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
3. Jahrgang.1983
Seite: 49
(PDF, 21 MB)
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  (z. B.: IV, 145, xii)



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Geschichte im Turmchor der ersten Stadtkirche von Kenzingen ? - Ist ein Sinn dahinter oder ist sie
nur Ausschmückung? Ausschmückung ohne tieferen Sinn gab es im Mittelalter nicht. Alle Fresken
sind Zeugen, Erinnerung und Mahnung an außerordentlich wichtige Glaubens-Inhalte, aber auch
geschichtlich einschneidende Geschehnisse. Die Geschichte ist nicht nur einfach weltliches Machtgeschehen
, sie ist Heilsgeschehen, eingebunden in den allmächtigen Willen Gottes. Auch die moderne
Geschichtsschreibung muß dies, wenn sie der Wahrheit dienen will, anerkennen.

Könige und Fürsten, aber auch kleine Herren und Menschen
aus dem Volk haben immer wieder die Neigung gehabt,
diesen höchsten Willen zu übertreten oder nicht mehr anzuerkennen
, übten Willkür, Rache, pflegten Eigenruhm, Eigennutz
, Selbstgerechtigkeit und Hochmut. Doch letztlich, nach
langer Geduld, griff Gott ein.

Die Wahl dieses ikonografischen Programms, gerade dieses
seltenen Themas für die Ausschmückung des Turmchores
hat folgende geschichtliche Ursache: Im Thronstreit zwischen
König Adolf von Nassau und dem Sohne des Gönners der Ue-
senberger, dem Herzog Albrecht von Habsburg-Österreich,
der die Krone erobern mußte, war Rudolf Iii von Uesenberg
auf der Seite des bisher rechtmäßigen, aber von einigen Kurfürsten
bereits abgesetzten, Königs Adolf von Nassau. Die
beiden Feinde standen sich mit ihren Heeren bei Kenzingen ge-
gegenüber, nur noch die Elz trennte sie. Herzog Albrecht hatte
gehofft, in Freiburg und dann erst recht in Kenzingen, offene
Tore zu finden. Sie waren aber fest verschlossen und verteidigt
. Albrecht zog im Dunkel der Nacht an der Stadt vorbei in
die Rheinebene. König Adolf suchte einen Übergang über die
Elz, eine Brücke war notwendig, um ein Heer sicher überzusetzen
. Da kaufte er, sicher nicht ohne entscheidenden Druck
auszuüben, dem Rudolf von Uesenberg dessen Stadt Kenzingen
ab, und glaubte, wohlversorgt mit Lebensmitteln nun
dem Albrecht auf den Pelz rücken zu können.

Albrecht war aber mittlerweile bereits am Rhein, setzte
sein Heer über in seine elsässische Besitzungen, machte sich
auf Fahrt Richtung Straßburg, der ihm verbundenen Stadt.
Der Bischof von Straßburg Konrad III von Lichtenberg war
dem Habsburger mit bischöflichen Truppen bis Kenzingen
entgegengenkommen, um ihm beizustehen. Nun verließ auch
Adolf sein schönes Quartier in Kenzingen und setzte über den
Rhein. Doch dort war schon die Abwehr organisiert, der
Durchmarsch durch das Elsaß verriegelt durch bischöfliche
und Straßburger Verbände. Die strategischen Vorteile waren
für ihn verloren, bei Göllheim in der Pfalz wurde er am 2. Juli
1298 von Albrecht zur Schlacht gezwungen, verlor, auch sein
Leben.

Abb. 5: Kopfkonsole D:
Hesso IV von Uesenberg, oben
Rudolf III, der jüngere, unten

Hier in Göllheim wurde Rudolf III von Uesenberg gefangengenommen. Man kann sich denken,
wie der eisenharte Albrecht, inzwischen zum rechtmäßigen König gewählt, mit dem etwa 45-
jährigen Rudolf, - von den Habsburgern mehrmals begünstigt - verfahren wollte.? Er sah in ihm einen
Verräter der Habsburgischen Sache. Die Gefangenschaft war gewiß radikal. Das Geschlecht
sollte nicht mehr aufkommen! Er hatte vor, ihn und seine beiden Söhne zu vernichten. In seinem
Verließ wirde Rudolf »heiß« behandelt. Er konnte gewiß nur noch auf die Gnade Gottes zählen.
Von diesem König war nichts Gutes mehr zu erwarten. Rudolfs Besitz wurde denn auch eingezogen.
Später erhielt er ihn nur noch als Lehen, nicht mehr als Eigen.

Noch schmachtete er im zornumschwelten Verließ.

Doch siehe da, ein »Engel« des Himmels (geistlichen Standes) wurde auch hier tätig im Sinne
jenes, der die drei Jünglinge im Feuerofen vor dem Tod errettete. Es war dies der erste Ratgeber des
Königs Albrecht, dessen engster Freund und Mitstreiter, Ratgeber schon seines Vaters König Rudolf
. Der angesehenste und erfahrenste Mann im Gefolge der Habsburger, auch der Unabhängigste
. Bischof Konrad III von Lichtenberg, der die Verfassungsurkunde als erster der hohen Herren
besiegelt hatte, verwandte sich für Rudolf in der Gefangenschaft, nahm ihn und seine Söhne mit

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