Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 47
(PDF, 33 MB)
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andergereihten Artikeln werden die vorkommenden Arbeiten und die damit zusammenhängenden
Fragen der Kooperation so behandelt, daß die Rechte und Pflichten des einzelnen
in ein vertretbares Verhältnis zu den Erfordernissen der Allgemeinheit gebracht wurden
. Zwei Zwecke treten dabei deutlich zutage: zum einen sollen die Bestimmungen dazu
beitragen, die Existenzgrundlager aller Zunftmitglieder zu sichern, zum andern sollen Konflikte
und Streitfälle möglichst vermieden werden.

Den Leser von heute, der kaum noch einem Feierabendfischer, geschweige einem im
Hauptberuf begegnet, stimmt es wehmütig, Umfang und Bedeutung des einstigen Fischerhandwerks
den Artikeln zu entnehmen. Da ist die Rede vom »Gießen wenden«, vom »Eis
heben«, vom »Fach stellen« und vom »Pfahlgarn schlagen«. Es gibt Krebskörbe, Rofol-
chenkörbe, Stickelkörbe, Schnürkörbe; man arbeitet mit Reusen, mit Wartluffs und Pfil-
ßern; man unterscheidet zwischen Blümel- und Stoßberren und mehreren Garnen. Jede
Zunft gewichtet etwas anders, die hauptsächlichen Tätigkeiten und die damit verbundenen
Rechtsfragen und -bestimmungen sind jedoch weitgehend gleich. So haben die Fischer allerorts
»Lajen« gemacht (mundartlicher Ausdruck von heute), in Kenzingen »Lein« oder
»Leyn«, in der Hausener Ordnung »Lew«, in Rust »Law« und in Kappel »Leu« oder
»Lew« geschrieben. Das waren künstliche Fischnester aus Reisigholz, die man für einige
Monate an einen Platz mit schwacher Strömung brachte, damit sich die Fische darin aufhielten
. Diese Nester wurden dann mit Garn umstellt und ausgehoben.
Am Beispiel der »Lajen« kann auch verdeutlicht werden, mit welchem scharfen Blick für
die Realität mögliche Reibereien erkannt und Maßnahmen zur Abhilfe vorgesehen wurden
. Man regelte, aus welchem Holz und wann die Nester gemacht werden durften und
wieviele jedem zustanden. Man bestimmte, daß das geschlagene Holz innerhalb eines Tages
an Ort und Stelle gebracht werden mußte, daß die einzelnen »Lajen« in ausreichendem
Abstand zu legen seien, daß Fanggeräte nicht zu nahe an sie hingeführt wurden. Es war
festgelegt, wie die Plätze für die »Lajen« zu »zeichnen« waren, wieviel Jahre man einen
Platz behalten und daß man keinen verkaufen durfte. Selbst für den Fall, daß »ein Fischer
mit Tod abgeht oder hinwegzieht« und eine »Laj« frei würde, war Vorsorge getroffen.
Was man alles zu vergegenwärtigen hatte, ersehen wir aus dem Artikel 19 der Hausener
Ordnung; »Und so einer mit seinem Blümelberren in ein Lewen stößt und mit einem Fuß
darauf tritt (um die Fische herauszutreiben), der soll in die Büchs verbessern 2 Schilling«.
Mit der gleichen Absicht, eben Streit zu vermeiden, regelte man auch die anderen Tätigkeiten
, den Salmenfang, das Eisfischen, das Wenden eines Gießen usw.
Die Bereitschaft zu Händeln und Streit scheint stark gewesen zu sein, auch die zahlreichen
und ins einzelne gehenden Vorschriften konnten nicht jeden Konflikt verhindern. Zur
Schlichtung hatten die Fischer von Ober- und Niederhausen das folgende Verfahren vorgesehen
: »Wo sich zwischen den Fischern jederzeit der Artikel halber Zweiungen zutragen
würden, so soll ein jeder einen Schilling hinter den Fischermeister erlegen und sollen gemeine
Fischer ihrethalben einen Spruch tun, was für jeder Recht habe, und welcher
obliegt, dem soll sein Schilling wieder werden«.

Nicht weniger deutlich war der andere Zweck der Fischerordnungen, nämlich jedem
Zunftmitglied ein ausreichendes Einkommen zu ermöglichen. Dieser Absicht wegen beschränkte
man zum Beispiel die Zahl der Zunftmitglieder. In der Regel wurden nur die
Söhne der ortsansässigen Fischer aufgenommen; ihr Handwerk erlernten sie, indem sie
dem Vater zur Hand gingen. Wollte ein Meister einen auswärtigen Lehrjungen ausbilden,
hatte er eine Gebühr in die Zunftkasse zu entrichten; für einen fremden Frischer und für einen
Einheimischen, »der von seinem Geschlecht kein Fischer war«, war das Eintrittsgeld
so hoch, daß ärmere Leute es schwerlich aufbringen konnten. Es betrug 1613 in Ober- und
Niederhausen fünf, 1757 bereits über 30 Gulden.

Auch dem Erwerbsstreben des einzelnen wurden Grenzen gezogen. Ein Hausener Fischer
durfte nicht mehr als 20 »Lajen«, 25 Reusen und 35 Krebs- oder Stickelkörbe haben, in
den Orten waren fast die gleichen Höchstzahlen festgesetzt. Beim Lachsfang wurde einem
Fischer nur ein »Stuel« zugestanden, das Fischen mit zwei »Pfilßeren« (Rust) war verboten
, wer mehr als einen Gießen »zeichnete«, mußte die überzähligen wieder abtreten; wel-

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