Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 104
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1984-4/0106
Der Plan, das Kloster Wonnenthal zur Grablege eines aufstrebenden Geschlechtes zu machen, entsprach
genau dem Muster der Markgrafen von Baden. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die
Badener hatten ihr Kloster in unmittelbarer Nähe des Herrschaftsmittelpunktes, der Burg Hohenba-
den, gegründet. Das konnte der Übsenberger nicht. Zwar versicherte er in seinem Brief an den Papst,
Wonnenthal läge in seinem Herrschaftsgebiet und auf seinem Eigentum, aber in der Nähe des neuen
Klosters gab es nur zwei bescheidene Orte, die Dörfer (Alt-)Kenzingen und Hecklingen. Das erste gehörte
dem Kloster Andlau; er hatte nur die Vogtein. Das zweite war aus dem Nimburger Erbe an die
Grafen von Freiburg gelangt und wurde von diesen gerade mit der Burg Lichteneck befestigt.
Rudolf von Osenberg zog die Konsequenz: Er gründete 1249 auf eigenem Grund und Boden die »Feste
Kenzingen« und umgab sie mit starken Mauern und Gräben. Von seinem neugegründeten Ort erhoffte
er denselben Aufschwung wie von seiner Klostergründung. Diesem Ziel diente die Rechtsfigur,
die er dafür übernahm: »damit dieser Ort kräftiger gedeihe, stattete er ihn nach eingehender Beratung
mit jenen Privilegien und Freiheiten aus, die der Ort Freiburg innehat, genießt und wahrt«. So steht
es in der Einleitung der Verfassungsurkunde von 1283, worin Sohn und Neffe des Stadtgründers gemeinsam
den Rechtsakt von 1249 erneuern. Voller Stolz blicken sie auf dessen Werk zurück: Ihr Vorfahre
errichtete keinen befestigten Adelssitz, keine Burg, sondern einen sicheren Ort für Bürger. Sie
verpflichteten sich feierlich, deren Recht anzuerkennen und zu schützen. Was könnte sie zu diesem
Schritt veranlaßt haben?

Werfen wir wieder einen Blick auf die politische Lage! Sie hatte sich inzwischen grundlegend verändert
. Durch die Wahl Rudolfs von Habsburg zum deutschen König (1273) fand die anarchische Zeit
des Interregnums ein Ende. Er erkannte, daß er sich als König nur dann durchsetzte, wenn er die
Rechte und Einkünfte des Reiches wiedergewinnen konnte. Mit ungewöhnlicher Energie begann er
sein Sanierungsprogramm der Staatsfinanzen. Durch Gesetz erklärte er rückwirkend alle Vergabungen
von Reichsgut seit der Absetzung Kaiser Friedrichs II. für ungültig. Denen, die sich weigerten,
usurpierte Rechte und Güter dem König zurückzugeben, drohte er harte Strafen an. Um nicht bei Absichtserklärungen
hängen zu bleiben, verpflichtete er sich einflußreiche Adlige. Für das Oberrheingebiet
ist hier vor allem Markgraf Heinrich II. von Hachberg zu nennen. Der wiederum sah in seinem
Dienst für den König eine große Chance, die eigene politische Stellung zu stärken. Andere freilich gingen
in die Opposition, weil sie Eingriffe in ihre Herrschaft befürchteten. Der Bischof von Basel etwa
kannte Rudolf schon aus kriegerischen Auseinandersetzungen in der Zeit vor der Königs wähl. Er soll
bei der Nachricht von dessen Aufstieg gerufen haben: »Jetzt, Herrgott, halt deinen Thron fest, sonst
nimmt dir dieser Rudolf auch noch deinen Platz weg!« Er jedenfalls mußte dem neuen König einiges
zurückgeben, vor allem die Stadt Breisach, die Rudolf zur Reichsstadt erhob. 1275 feierte der König
den erfolgreichen Abschluß dieser Aktion am Kaiserstuhl mit einer umfangreichen Stadtrechtsurkunde
für »seine Einwohner von Breisach«. Zu dem Fest erschien nicht nur Markgraf Heinrich von
Hachberg, sondern auch der Üsenberger. Seine Stellungnahme für den neuen König überrascht nicht;
schließlich war der Hachberger der Schwager. Eine derart glänzende Partie, die das Ansehen der Familie
steigerte, verpflichtete auch und konnte nur Vorteile bringen.

Anders Graf Egen von Freiburg. Er weigerte sich, Teile des zähringischen Erbes dem König zurückzugeben
(besonders Neuenburg und Zähringen). Deshalb zog man von Breisach aus direkt vor seine
Stadt. Diesem Druck mußte Egen nachgeben. Zur Sicherheit ließ König Rudolf die Reichsburg Zähringen
ausbauen und verstärken. Aber als er 1278 weit vom Schuß in Österreich war, erhob sich Graf
Egen von neuem. Zusammen mit den Bürgern Freiburgs zerstörte er das mächtige Ärgernis der Zähringerburg
. Durch eine zweite Belagerung im Oktober 1281 zwang der König den Grafen endgültig
zum Verzicht.

Schon vorher hatte Rudolf von Habsburg grundsätzlich verboten, »daß irgendjemand in irgendeiner
Grafschaft eine Befestigung bauen dürfe, außer mit Genehmigung des zuständigen Grafen«. Die Verfügung
erließ er auf ausdrücklichen Wunsch des Markgrafen Heinrich von Hachberg, dem er damit
ein Rechtsmittel in die Hand gab, um gegen den Freiburger Grafen vorgehen zu können.

Auffällig ist nun, daß in der Einleitung der Kenzinger Verfassungsurkunde genau der gleiche Sachverhalt
formuliert wird: Rudolf errichtete eine Befestigung. Deshalb fügen seine Nachkommen ihrem
Bericht sofort hinzu: nach eingehender Beratung. Das kann im Klartext nur heißen: mit Erlaubnis des
Markgrafen von Hachberg. So projizierten sie die Rechtslage ihrer Zeit in das Jahr 1249 zum Beweis
ihres Einvernehmens mit der Reichsregierung. Sie fügten auch hinzu, der König habe Kenzingen mit
Freiburger Recht »beschenkt«, obwohl sie zuvor ihren Ahnherren als Gründer gepriesen haben. Eine
merkwürdige Unentschiedenheit, die ein Licht wirft auf die vorsichtige Politik der Üsenberger. Ge-

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