Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 107
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1984-4/0109
Pfarrei und Stadt in Kenzingen

Wer der frühsten Situation der alten Siedlung Kenzingen nachgeht, stößt bald darauf, daß
es östlich der mittelalterlichen Stadt ein Dorf Altenkenzingen gab. Erstaunt ist er dann
vielleicht, daß dort von zwei Kirchen die Rede ist, von St. Georg und von St. Peter, und
daß die Kirchen noch bestanden bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts - und dies, trotzdem
in der Stadt seit der Gründung eine Kirche Unserer Lieben Frau war, die im 17. Jahrhundert
das Patrozinium St. Laurentius annahm. Daß es in Dörfern mehrere Kirchen gab, ist
gerade in nächster Nachbarschaft zu belegen: Riegel hatte vier Kirchen, Endingen - bevor
es Stadt wurde! - drei, Denzlingen drei und Waldkirch außer der Klosterkirche drei. Der
Kern der Dörfer waren Großhöfe, Höfe der Herren, die schon in der Frühzeit des Christentums
in unserer Heimat (etwa 7. Jahrhundert) sich je eine eigene Kirche bauten, für
sich und ihre Leute. Wuchsen solche Dörfer aus mehreren solcher Höfe zusammen, hatten
sie auch mehrere Kirchen, je mit eigenen Rechten und Zugehörigkeiten.

Wurde in der Nachbarschaft eines Dorfes, gleichsam auf der grünen Wiese, eine Stadt
gegründet, so bedeutet dies oftmals im Bezug auf die Pfarrei keine Veränderung. Man ging
wie zuvor in die dörfliche Pfarrkirche der Nachbarschaft, man »ließ die Kirche im Dorf«.
Viele Beispiele ließen sich dafür anführen, wie Lahr (Burgheim), Neuenburg am Rhein (St.
Matthias vor der Stadt), Villingen (Altstadtkirche), Rottweil (St. Pelagius), Reutlingen (St.
Peter), Überlingen (Aufkirch), Heidelberg (St. Peter), Weinheim (St. Peter); ja selbst die
große Stadt Ulm hatte bis zum Bau des Münsters 1377 ihre Pfarrkirche vor den Mauern.
Das selbe ist für die Städte des Kinzigtales und seiner nächsten Umgebung zu erkennen:
Gengenbach, Prinzbach, Zell, Hausach, Hornberg, Schiltach, Oberkirch und Oppenau.
Daß trotzdem in der Stadt eine Kirche gebaut wurde, mejst ohne die Pfarrechte schon zu
erlangen, kann mehrfach beobachtet werden wie in Villingen, Rottweil, Neuenburg, Reutlingen
. Diesem Beispiel folgt auch Kenzingen, das schon in der Planung, offenbar nach
dem Vorbild Freiburgs, den Bau einer großen Kirche innerhalb der Mauern vorsah. In
Freiburg liegt aber der übliche Fall nicht vor, daß man die Abhängigkeit der dortigen
Pfarrkirche von einer der Stadtgründung vorausgehenden Dorfpfarrei belegen könnte.
Daß Kenzingen von vornherein mit einer Kirche in der Stadt begabt wurde, hängt auch of-
fentsichtlich damit zusammen, daß die Gründer der Stadt, die Üsenberger, für keine der
beiden Altenkenzinger Dorfkirchen das Patronatsrecht hatten: St. Peter war in der Hand
des elsässischen Frauenklosters Andlau, das im untersten Breisgau vielfach Besitze, auch
Pfarreien, hatte (seit 1373 bei den Johannitern) und St. Georg in der Hand des Klosters
Einsiedeln in der Schweiz, das auch sonst in nächster Nähe mehrfach Eigentum besaß (seit
1482 beim Kloster Ettenheimmünster). So verhalfen die komplizierten Eigentumsrechte
den Kenzingern von vornherein zu einer Kirche innerhalb der eigenen Mauern.

Wolfgang Müller

Lit: Die Ortenau 61/1981 S. 51 - 70.

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