Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 114
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Bischof von Konstanz, in dessen Diözese Kenzingen als Grenzstadt lag, war Heinrich von Klingenberg
, die einflußreichste Persönlichkeit am Hof Herzog Albrechts, er war dessen Vizekanzler und
Protonotar, dem zum größten Teil die Rechtsgeschäfte des Hauses Habsburg unterstanden, ein außerordentlich
kluger, kultivierter und geistreicher Mann, aber bei fast allen Kriegszügen König Rudolfs
und dann Albrechts dabei! Vor Kenzingen mit einer glänzenden Schar von 300 gepanzerten Rittern!
Die Konstanzer, so sagen die Chroniken, hätten sich in der Schlacht bei Göllheim besonders tapfer erwiesen
. Von weit mehr als 300 Streitpferden seien nur noch 3 übriggeblieben. (Hoffentlich ist es den
Rittern nicht wie den Pferden ergangen!) Das ist sicher keine große Übertreibung, nur ein Beweis, daß
sie in vorderster Linie kämpften, den Angriff ritten. Dabei haben bekanntlich die Pferde ihre Köpfe
und Leiber den Herren im Sattel vorauszutragen. Jedenfalls, Tapferkeit und hoher Einsatz wurden
im mittelalterlichen Krieg noch persönlich vom Heerführer gesehen und sehr bald bei der Tafelrunde
direkt belohnt. Im Gefolge des Bischofs Heinrich muß der Sohn des Jakob von Frauenfeld am Zug
und der Schlacht teilgenommen haben, also Nikolaus, den seine geistliche Ausrichtung nicht daran
hinderte. Höhere Geistliche mußten sich damals ohnehin als Männer, als Kämpfer erwiesen haben.
Gerade die bischöfliche Streitschar hatte in den verworrenen Verhältnissen verfeindeter und habsüchtiger
Herren ihres geistlichen Gebietes allen Grund ihren Herrn, den Bischof, zu schützen und mit
Macht Ordnung zu schaffen, um dem christlichen Glauben den nötigen Respekt und die Rechtskraft
zu verleihen. In Gideon (Richter Kap. 6-8) hatten die Streitkräfte der Bischöfe ihr Vorbild. In einigen
französischen Kathedralen ist der Held des alten Bundes in voller Rüstung dargestellt. Er hat Israel
aus der Faust Midians errettet. Statt mit 30.000 Streitern in die Schlacht zu ziehen, befahl ihm der
Herr: »Nimm'nur 300! Die, welche das Wasser mit der Zunge lecken, so wie es der Hund tut, wähle
aus den besten Kämpfern aus und nicht jene die niederknien, um es mit der Hand zu schöpfen und in
den Mund zu führen. Mit den 300 Mann, die das Wasser leckten, will ich euch erretten und die Midia-
niter in deine Hand (Gideons), geben.«

Die bischöflichen Streitkräfte wurden stets aus den zuverlässigsten jungen Adeligen bewährter Geschlechter
ausgewählt. Ihre Tugendhaftigkeit und Tapferkeit war streng erprobt, sie hatten bestimmte
Schulen, Studien und eine ritterliche Erziehung durchlaufen. Sie waren körperlich und geistig auf
den Kampf vorbereitet und - sie stritten nicht um irdische Vorteile, sie stritten im Geiste der Gerechtigkeit
für Gottes Heilsplan. Sie wurden deshalb auch auf andere Weise belohnt. In der bischöflich--
konstanzischen Ritterschar hat sich vermutlich der etwa 22-jährige Nikolaus von Frauenfeld in der
Göllheimer Königsschlacht besonders hervorgetan. Wahrscheinlich war ihm an der Seite des alten Bischofs
Heinrich eine wichtige Aufgabe in der Schlacht anvertraut worden - den persönlichen Schutz
des Bischofs, notfalls sogar das Kommando über dessen ritterliche Dienstleute zu übernehmen. Er hat
später hervorragende militärische und gideon'sche Eigenschaften gegenüber Gewaltigen an den Tag
gelegt - den Wert einer entschlossen verteidigten Stadtfestung hat er mit Gewißheit in Kenzingen kennengelernt
! -

Für seine Verdienste wurde er auf folgende Weise belohnt: Der Bischof, Heinrich von Klingenberg,
konnte eine höhere Bitte erfüllt wissen als Nikolaus, dessen Herr er war. Die Bitte an den König wollte
gut überlegt sein. Voraus muß hier gesagt werden, daß Bischof Heinrich der Gönner und spiritus
rector des vielseitig hochbegabten Nikolaus schon zu dessen Studienzeit an der Dominikanerschule
Konstanz gewesen war und von Vornherein im Einvernehmen mit dem Haus Habsburg zu Höherem
bestimmt wurde. Nikolaus wurde auf Rat und Bitte des Konstanzer Bischofs als Herr über die noch
nicht erbaute Kirche von Kenzingen eingesetzt. Dies in weiser Voraussicht (und Absicht!) einer glänzenden
Lösung für den Kirchenbau, die Uesenbergerfrage und die Förderung des angehenden Domherrn
! Zur Uesenbergerfrage: Der Besitz dieser Herren war, wegen der Übergabe Kennzingens an König
Adolf, von König Albrecht als Verrat betrachtet und damit bestraft worden, daß er ihren Besitz
ans Reich zog - nach langem Bittprozeß der Verwandtschaft und Freunde Uesenbergs - ihnen dann
gnädigerweise zurückgab - jedoch nicht mehr als Allod, Eigenbesitz, sondern nur noch als Lehen. Das
Haus Oesterreich bestimmte bereits seit 1298 in Kenzingen durch Einsetzung eines ihnen verpflichteten
Schultheißen. Diese »Schenkung« an Nikolaus dürfte spontan mündlich erfolgt sein. Eine Urkunde
erübrigte sich auch, da Bischof Heinrich ja Vizekanzler und Protonotar des Königs gewesen ist
und an der Tafelrunde oder bei der offiziellen Hofhaltung genügend Zeugen (wahrscheinlich auch die
Uesenberger selber) teilnahmen.

Die Einkünfte der »Kirche« von Kenzingen für den Kirchherrn gingen zuerst einmal nach Konstanz
an den bischöflichen Schatzmeister, ab 1303 als Stipendium nach Bologna, wo Nikolaus von Frauenfeld
studierte. 1305 wurde er dort, zusamme mit einem anderen Thurgauer Adeligen zum Prokurator
(Verwalter) der Studienmittel der Deutschen Nation an der dortigen Universität erwählt. Die Einkünfte
aus der Kirche Kenzingen waren aber für Nikolaus nicht ausreichend, weshalb er noch andere,
gewichtigere Pfründen von den Habsburgern erhielt. Ab 1312 ist Nikolaus von Frauenfeld Domherr
in Konstanz, 1331, nach Bewährung in vielen hohen Aemtern und Missionen wird er vom Papste Jo-

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