Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
4. Jahrgang.1984
Seite: 115
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hann XXII., von Avignon aus, zum Bischof von Augsburg bestimmt, kann aber aus politischen
Gründen sein Bistum nicht antreten, denn es lag im Machtbereich des gebannten Königs Ludwig des
Bayern, der selbstverständlich keinen vom Papste ernannten Bischof in seinem Gebiet dulden wollte.
1334 aber wird Nikolaus, nach einer Doppelwahl in Konstanz, vom Papste Johannes XXII zum Bischof
von Konstanz ernannt, dies geschieht in Avignon am 13. April. Der Papst gibt bei der Ernennung
des anwesenden Nikolaus zum Ausdruck, daß »er bei seinen trefflichen Eigenschaften das Bistum
glücklich regieren werde.« Bis zu dieser Zeit wird Nikolaus von Frauenfeld in Urkunden auch Ni-
kolaus von Kenzingen benannt. Das ist natürlich kein Irrtum, denn Nikolaus war öfter in Kenzingen,
hatte auch zeitweise seinen Wohnsitz, aber nicht in der Stadt, sondern in sicherer Unabhängigkeit von
allen Einflüssen der Mächtigen in für ihn erbauter, befestigter, unscheinbarer Residenz, welche seinen
klugen strategischen Überlegungen genau entsprochen hat.

Dieser hervorragende Mann ist es also, der Kirchherr der Liebfrauenkirche von Kenzingen seit 1301
war. Nach seinen Plänen wurde die Stadtkirche erbaut. Die Kirchenleitung lag in den Händen des
Friedrich von Uesenberg. Priester war ein von Nikolaus eingesetzter Geistlicher des Johanniteror-
dens. Friedrich von Uesenberg war durchaus ein tüchtiger Bauleiter und Organisator, denn sonst wäre
er mit diesem Amt nicht betraut worden. Er und Hugo haben nicht nur große Mittel in den Kirchenbau
fließen lassen, sondern auch das Baumaterial aus den Steinbrüchen und Wäldern gestiftet
und herbeiführen lassen. Das Kloster Tennenbach und das nahe Wonnental haben kräftig mitgewirkt
. Tennenbach stellte geschulte Steinmetzen, die sich in der Art der Kapitelle verraten - welche typisch
zisterziensische sind - und in Wonnental wurden Ziegel gebrannt, aber auch finanzielle Leistungen
erbracht, die in einem anderen Beitrag bewiesen werden. Auch der Bischoff von Straßburg, ein
naher Verwandter der Uesenberger, der hin und wieder die Stadt Kenzingen auf der Fahrt nach Nim-
burg besuchte, half besonders seinem Schützling Friedrich mit erfahrenem Rat und der Eröffnung
von unterschiedlichen Geldquellen, Landverkauf, Steuern, Verkauf von Rechten an die Stadt und reiche
Geldgeber. Solche Herren kannten alle Möglichkeiten und Quellen um eine Kirchenfabrik zu unterhalten
. Die Größe und architektonische Schönheit der gotischen Kirche von Kenzingen verdanken
wir dem Domherrn Nikolaus. Es ist der gewaltige Chorbau mit seinen prachtvollen Maßwerkfenstern
, die unter ihm noch herrliche Glasmalereien erhalten haben, denn ohne solche wären die Maßwerke
und insbesondere die für eine Mariendarstellung bestimmte Mandorla im Ostfenster sinnlos gewesen
. Nikolaus standen zu jener Zeit die besten Glasmaler, international geschulte Meister, für die
Verglasung verschiedener Chöre großer Kirchen, zur Verfügung. Ihre Arbeiten lassen sich über das
Bodensee-und Oberrheingebiet hinaus nachweisen. Sie gehören zu den großartigsten künstlerischen
Leistungen der Glasmalerei des Mittelalters. Welch ein Verlust für Kenzingen, daß es seinen alten
Fensterschmuck nicht mehr hat!

Das Durchleuchten des Himmelslichtes durch die wohlabgestimmten farbigen, formgeschnittenen
Gläser, gefaßt in Bleistege, welche heilige Gestalten und Szenen auf ferne Sicht erkennbar gezeichnet
haben, ließ den Chor von flimmernden, wandernden Farbflecken durchwirkt erscheinen, einer Vorahnung
der Licht- und Farbfülle des Himmels bei geöffnetem Tor. Kein künstliches Licht weckte den
nüchternen Verstand und ließ diesen meinen, alles sei machbar. Nicht Scheinwerfer, sondern das
Licht und Auge Gottes schauten auf den Priester im Chor und auf die Gläubigen herab, tausendfältig
in der Verschiedenheit von Farben und Formen geordneten Inhaltes, in Szenen der Heilsgeschichte
und durch die Gloriole des Mittelfensters, die liebliche Gestalt der Gottesmutter mit ihrem Kind, die
Patronin von Kirche und der Stadt Kenzingen - auch heute noch. St. Laurentius ist entweder aufgrund
eines Irrtums oder einer Eigenmächtigkeit zum Hauptpatron erhoben worden.
Eine Ampel, das ewige Licht, brannte auf der linken Seite des Chores. Sie war aufgehängt an der Spitze
eines rechtwinkligen Dreiecks aus geschmiedeten Eisenstäben, das beim Wanddienst in noch vorhandene
Klobenschlaufen eingehängt wurde. Auf der rechten Chorseite, ebenfalls am Wanddienst
befestigt, ragte ein zweiter schmiedeeiserner Arm in den Chor hinein, der eine Ampel zur Beleuchtung
des Altars, oder eine große Kerze trug. Dies konnte dann nur eine Sanktuskerze gewesen sein, die in
den dunklen Kirchen beim Sanktus auf einem Wandarm entzündet wurde und bis zur Kommunion
brannte, damit die Gläubigen die Hostie auch sehen konnten. In der linken Schrägwand der Chorap-
sis war eine mit schlichtem Dreiecksgiebel überhöhte Sakramenten-Nische eingelassen, in der rechten
Wand eine ebensolche Nische (unter Putz), welche als Piscina, zum Waschen der Hände und der heiligen
Gefäße durch den Priester diente, aber auch zur Aufbewahrung der liturgischen Bücher, die auf
einem eingeschobenen Brett Platz fanden. Diese Wandnischen waren entweder durch eine einfache
Brettertür oder ein schönes Gitterwerk verschließbar.

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