http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1984-4/0119
Blüte öffnet ihren Kelch gen Himmel. Links vom Mittelfenster
ein Kapitell, das von Weinlaub und Trauben umfangen ist, das
Symbol für Christus, aber auch allgemein für Leben. Zur Rechten
des Mittelfensters ein mit frischgewachsen scheinendem
Klee umstandenes Kapitell. Das Kleeblatt ist Sinnbild der Dreieinigkeit
und der Kirche, aber auch der Reinheit Mariens. Vor
dem rechten Seitenfenster ein Kapitell mit Ahornblättern, der
Form nach des Feldahorns. Seine Bedeutung ist nicht offizell,
aber da der Ahorn sehr tiefe Herzwurzeln ins Erdreich schlägt,
anpassungsfähig und genügsam ist, war er wahrscheinlich in der
Ebene und im erdkargen Hügelland der Umgebung von Kenzin-
gen der am häufigsten vorkommende Nutzbaum gewesen und
darum vielleicht ein Symbol des herzhaft tief verwurzelten Lebenswillens
. Was hat das alles zu bedeuten! -
Wir sehen, die gestaltenden Meister und Steinmetzen haben
nicht kurzerhand Hammer und Meißel geführt, sondern allem
Steinwerk einen durchdachten, zusammenklingenden, geistigen
Inhalt gegeben!
Die Sprache in Stein - die Inhalte des Dargestellten - ist über die
Jahrhunderte in Vergessenheit geraten, aber ihre Schönheit und
Aussagekraft ist erhalten geblieben und will wiederbelebt, bewußtgemacht
sein. Wiederbelebt auch durch eine gewissenhafte
, würdige Restauration der Stadtpfarrkirche nicht allein zum
Ruhme und zur Verherrlichung Gottes, mindestens ebensosehr
zur Freude der Gläubigen! Der Segen, der von der Kirche ausgeht
und jeden erreichen, an sich ziehen will, in einer Zeit, wo
sich die Geister scheiden und das Evangelium - die Frohbotschaft
Jesu - seine volle Wirksamkeit entfaltet um Schöpfung
und Heilsplan zur Vollendung zu führen, hat nichts mit weltlicher
Eitelkeit zu tun, die ins Leere geht; dieser Segen geht von
der Großmut und Güte Gottes aus, trägt hundertfache Frucht.
Der Saemann soll ein würdiges Haus zur Verkündigung des
Wortes haben, das von Gott kommt. Wir sind die Nutznießer
dieser Wortsaat - soll da nicht ein Zins, ein Zehntel, eine Gabe
an den zurückgegeben werden, der unser Herr ist, von dem alle
Gaben und Gnaden unseres Lebens herkommen? Abel gab sein
bestes Lamm aus Liebe, Kain dagegen vermeinte, es genüge eine
Garbe! Wer hatte mehr Freude an der Gabe Kain oder Abel?
Gott durchschaut die Rechner, sieht ins Herz des Gebers, freut
sich und belohnt jede Großmut, denn wie sollte er die nicht lieben
, die ihn lieben? -
Der Chorgewölbe-Schlußstein zeigt im Eichenlaubkranz die Schwurhand Gottes auf dem Hintergrund
des Malteserkreuz ältester Form. Das will bedeuten: »Auf ewig habe ich meinen Bund mit dir
geschlossen,« gemäß dem Evangelium nach Lukas Kapitel 1, Abs. 68 - 79, wo Zacharias, der Vater
Johannes des Täufers vom Heiligen Geist erfüllt die prophetischen Worte sprach: »Gelobt sei der
Herr, der Gott Israels, denn er hat angesehen sein Volk und ihm Erlösung gebracht und machtvoll das
Heil uns aufgerichtet in seines Knechtes David Hause, wie er verheißen durch seiner Heiligen Mund,
seiner Propheten, die einst gewesen: uns Rettung zu schaffen von unseren Feinden und aus den Händen
aller, die uns hassen,'Gnade zu üben an unseren Vätern und seines heiligen Bundes zu gedenken,
des Eides den er geschworen Abraham, unserem Vater: Er werde uns geben, daß furchtlos wir, aus
der Hand unserer Feinde befreit, ihm dienen, in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor ihm alle unsere Tage
. Du aber Kind, sollst Prophet des Höchsten heißen, denn du wirst hergehen vor dem Herrn, seinen
Weg zu bereiten, die Kunde des Heils seinem Volk zu bringen in ihrer Sünden Vergebung, durch die
Herzenserbarmung unseres Gottes, mit der uns ansehen wird der »Aufgang« von oben, zu leuchten
denen die in Finsternis sitzen und Todesschatten, um unseren Fuß zu lenken auf den Weg des Friedens
.« ---(Auch hier ist wieder eine geheime Verbindung mit dem Schicksal der Uesenberger zu erkennen
, nachdem sie bei den Habsburgern in schreckliche Ungnade gefallen, aber durch Gottes
Schwur und Tat gerettet wurden).
für die Kenzinger Pfarrkirche werden in einer wissenschaftlichen Publikation zu ungelösten Fragen
der süddeutschen Baukunst um 1300 eingehend behandelt und begründet). Auf einer Höhe von ca.
Abb. 7:
Chorgewölbe - Konsole mit
Aronsblatt-Kapitell
117
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1984-4/0119