Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
5. Jahrgang.1985
Seite: 40
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1985-5/0042
Landschaftsprägende Obstbäume
in alter und neuer Zeit

Während der vergangenen zwei Jahrzehnte sind in den Feldmarken und ländlichen Siedlungen die
großkronigen, hochstämmigen Obstbäume stark dezimiert worden. Manche Orts- und Landschaftsbilder
haben sich durch die Ausräumung des Streuobstbaues bereits nachteilig verändert. Erst neuerdings
besinnt man sich auf den ökologischen und ästhetischen Wert dieser Bäume. Mehrere Untersuchungen
haben nachgewiesen, daß Streuobstwiesen ein besonderes Biotop für zahlreiche vom Aussterben
bedrohte Vögel und Kleintiere darstellen. Streuobstbäume gliedern die Landschaft; sie dienen
als Erosionsschutz und Bienenweide. Zugleich werden sie als landschaftsprägender Faktor erkannt.
Sie haben jahrhundertelang das Bild unserer Dörfer, Kleinstädte und Landschaften bestimmt.

Nicht erst die Römer brachten den Obstbau ins Land

Mitunter fragt man bei uns, ob die vom Menschen kultivierten Obstbäume überhaupt als
landschaftstypische, bodenständige Gehölze gelten können. Der römische Historiker Taci-
tus (ca. 55-120 n.Chr.) wird oft als Kronzeuge dafür bemüht, daß erst die Römer den Obstbau
in die damals unwirtlichen Gebiete nördlich der Alpen eingeführt haben. Im 5. Kapitel
seiner »Germania« bezeichnet Tacitus dieses Land als »untauglich für Obstbäume«, zählt
aber dann im 23. »Germania«-Kapitel zur »einfachen Kosten« der Germanen ausdrücklich
auch das »Feldobst« (16). Vermutlich bezieht sich die erstgenannte negative Aussage nur
auf die in wärmeren Klimazonen beheimateten Fruchtarten wie Pfirsiche, Aprikosen,
Mandeln, Quitten, Eßkastanien, Maulbeeren sowie die auch jetzt noch nicht bei uns akklimatisierten
mediterranen Gewächse, z.B. Zitrus, Granatapfel, Feige, Olive.

Die deutschen Hauptobstarten - Apfel, Birne, Pflaume und Süßkirsche - haben jedoch seit
Urzeiten zur Vegetation des süddeutschen Raumes gehört!

Am Bodensee fand man in Pfahlbauten aus der Jüngeren Steinzeit (3.500 - 2.200 v.Chr.)
Samen von Vogelkirschen, Schlehen sowie kleinfrüchtigen Pflaumen, Birnen und Äpfeln.
Die Pfahldörfer Bodman und Wangen/Bodensee hinterließen uns dicke Schichten ausgepreßter
Apfelschalen und Kerngehäuse. Daraus wird gefolgert, daß schon die steinzeitlichen
Bewohner Gärmost bereiteten (14).

Ebenso wurden bei Pfahlbau-Ausgrabungen in der Nordschweiz und am Bodensee getrocknete
Birnenschnitze zutage gefördert (4). Zu den bodenständigen Gehölzen der Vorzeit
zählt die Haselnuß; die wärmeliebende Walnuß fand vereinzelt den Weg nach Germanien
bereits in der Jungsteinzeit (19).

Blühende, fruchtende Obstbäume oder -sträucher haben seit Beginn der menschlichen Kultur
gewiß auch in unserer Gegend zu den Siedlungen, Äckern und Wiesen gehört.

Die ab Beginn des 6. Jahrhunderts im Merowingerreich verbreitete Lex Salica, das lateinisch
aufgezeichnete Volksrecht der Salischen Franken, das sich noch auf den aus heidnischer
Zeit stammenden Weistümern gründete, enthält bereits den Begriff »Obstgärten«
(21). Auch in einigen schwäbischen Urkunden des 8. Jahrhunderts taucht dieses Wort auf.
Die unter Karl dem Großen zwischen 792 und 800 n.Chr. verfaßte »Verordnung über die
Krongüter« (»Capitulare de villis«) regte zur Pflanzung aller uns heute bekannten Baumobstarten
an, darunter freilich auch solchen, die in unseren Breiten gar nicht gedeihen
(Pinien, Lorbeer, Feigen) (17).

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