http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1985-5/0054
Eine weitere, aus der Umgebung von Kenzingen stammende Lokalsorte ist die »Wagen-
stadter Schnapfspflaume«. Ihre rundlichen, gelben Früchte werden - wie der Name besagt -
seit langem zur Branntweinbereitung verwendet. Den strengen Winter 1939/40 hat diese
Sorte offenbar besser als andere Pflaumen-/Zwetschensorten überstanden. Sie wurde damals
deswegen sogar in mitteldeutschen Baumschulen als frostharter Stammbildner (für
aufzupfropfende andere Sorten) empfohlen und vermehrt. Die »Wagenstadter Schnapfspflaume
« hat zwar nur eine mittlere Wuchsstärke, wurde aber dennoch in die Sortenempfehlung
(13) aufgenommen - mit dem Zusatz, daß sie sich auch zur Wildhecken-Pflanzung
eignet.
Ebenso sind an dieser Stelle die Zibarten genannt, kleinfrüchtige Wildpflaumen, welche
bekanntlich den Rohstoff für das edle »Zibärtle«-Wasser liefern. Vor allem im Elztal und
in Freiamt gibt es noch einige gewissermaßen »wildwachsende« Zibartenbüsche, sicherlich
seit Jahrhunderten bodenständig. Steine von Zibartenfrüchten wurden übrigens in jungsteinzeitlichen
Bodensee-Pfahlbauten von Sipplingen und Mainau-Egg gefunden (18). Die
Zibarten haben sich somit seit über 4.300 Jahren ohne wesentliche genetische Veränderungen
im südwestdeutschen Raum behauptet. Wir sollten unseren Beitrag dazu leisten, daß
derartige interessante, heimische Gehölze nicht in unserem Jahrhundert aussterben!
Das Studium von Obstsortenlisten aus früheren Jahrzehnten lenkt die Aufmerksamkeit
auf einige weitere Lokalsorten, die früher im Breisgau verbreitet waren, derzeit aber als
»verschollen« anzusehen sind - zum Beispiel: »Purpurroter Zwiebelapfel«, »Wildedele«,
»Maiapfel«, »Freiburger Renette«, »Buchheimer Renette« sowie die Birnensorten »Men-
gener Graue« und »Braune Hexentäler«.
Vermutlich stehen Bäume dieser Sorten noch irgendwo in der Landschaft, aber kaum jemand
kennt sie noch. Für die Rettung einzelner wertvoller Lokarlsorten ist es höchste Zeit,
zumal die noch vorhandenen Bäume meistens überaltert und abhängig sind.
Obstbauer und Gartenbesitzer, die noch über besonders wüchsige, krankheitswiderstandsfähige
Obst-Lokalsorten verfügen, werden gebeten, diese der zuständigen Beratungsstelle
für Obst- und Gartenbau beim Landratsamt Emmendingen zu melden.
Wer sorgt für die Pflege der Jungbäume?
Mit der Rettung erhaltenswerter Haupt- und Lokalsorten sowie der Pflanzung einzelner
Jungbäume ist jedoch noch nicht alles getan. Auch die nach landschaftspflegerischen Prinzipien
extensiv gehaltenen Obsthochstämme brauchen ein Mindestmaß an Pflege und zwar
einen Schutz vor Wildverbiß und Beschädigungen in der Jugend einen fachgerechten Erziehungsschnitt
während der ersten fünf bis acht Standjahre und einen gelegentlichen Auslichtungsschnitt
im Ertragsstadium. Das oben erwähnte Merkblatt des Regierungspräsidiums
Freiburg (13) schlägt dafür folgende Lösung vor: »Sofern sich nicht Kommunen oder
einzelne private Grundstücksbesitzer für die Pflanzung und Pflege der jungen Obsthochstämme
engagieren, wird empfohlen, daß örtliche Obst-, Garten- und Naturschutzvereine
Pflegepatenschaften übernehmen.«
Dr. R. Lücke
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