Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
5. Jahrgang.1985
Seite: 56
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1985-5/0058
Frau Staiblin erzählt, daß früher in Königschaffhauser Höfen noch mehrere solcher Bäume
existierten. Ihre Maulbeere ist die letzte des Ortes. Wie lange der stark gespaltene
Stamm noch lebensfähig bleibt, ist ungewiß. Gern würde sie einen gleichartigen Jungbaum
setzen - wenn sie nur einen bekäme ...

Der angeblich aus Armenien/Nordpersien stammende Schwarze Maulbeerbaum (3) war
schon den alten Römern vor über zweitausend Jahren geläufig. Vermutlich brachten ihn
römische Truppen in die Länder nördlich der Alpen. Hier ist er erstmalig zwischen 792 -
800 n.Chr. in Karls des Großen »Verordnung über die Krongüter« (Capitulare de villis) (5)
und im Pflanzplan für den »Baumgarten« des Klosters St. Gallen (816-830) schriftlich bezeugt
(10).

Wir sollten den schwarzfrüchtigen Beerenobstbaum wieder bei Neupflanzungen in ländlichen
Orten warmer Klimagebiete berücksichtigen. In Betracht kämen sonnige, möglichst
etwas geschützte Standorte, auf denen die fallenden Früchte keine Verschmutzungen anrichten
. Straßen und befestigte Plätze wären also auszunehmen.

Man könnte daran denken, die Schwarze Maulbeere als Liebhaber-Obstart wieder in größere
Hausgärten oder Hofräume (Hühner-Ausläufe!) zu setzen oder damit auch - gemäß
Anleitung des Pomologen Christ (siehe unten) - Spalierbäume in Mauern und Hauswänden
zu ziehen. Nur großfrüchtige, wohlschmeckende Sorten - wie die oben beschriebene in Königschaffhausen
- sind für den Selbstversorgerobstbau reizvoll. Derartige Kultursorten lassen
sich aber nur durch Pfropfung oder Okulation vermehren, zumal sie in der Regel keine
Samen bilden. Einige Veredlungen mit Reisern vom Staiblin'schen Maulbeerbaum führt
1985 die Baumschule Zimer in Gundelfingen aus. Es bleibt zu hoffen, daß bald eine Nachfrage
nach Jungbäumen einsetzt, die zur weiteren Vermehrung wertvoller schwarzfrüchti-
ger Maulbeeren anregt.

Die Schwarzen Maulbeeren in der Fachliteratur
des vorigen Jahrhunderts

Wie eine Reportage aus Königschaffhausen liest sich die Beschreibung des Schwarzen
Maulbeerbaumes im »Taschenbuch des verständigen Gärtners« von 1824 - der Übersetzung
eines seit 1755 in drei Auflagen jeweils erweiterten französischen Almanachs, mit Zusätzen
der damals führenden Baumschule Gebrüder Baumann in Bollweiler/Elsaß versehen
. Die Übersetzung und Ergänzung des Buches besorgte J.F. Lippold, »gewesener Großherzoglich
Badischer, evangelischer, freiywillig resignierter Pfarrer zu Bischoffingen im Kaiserstuhl
«. Also eine Maulbeer-Beschreibung aus elsässischer und Kaiserstühler Sicht (7):

»Ein ziemlich starker, aber selten gerader und wohlgebildeter 25 - 30 Fuß (= 7,50 - 9,00 m)
hoher Baum, der fast immer in die Höfe oder Geflügelhöfe verwiesen wird, wo er gewöhnlich
ein mit Schutt vermengtes Land, ganz, wie er es liebt, und den Schutz vor Nordwinden
findet. Seine vielen großen, gezahnten, theils herzförmigen, spitzigen, theils in mehrere
Lappen getheilten, ziemlich dunkelgrünen Blätter geben einen dichten Schatten, den das
Geflügel sehr liebt. Man ißt die Maulbeere von Juli bis in den September. Jede Maulbeere
entsteht aus mehrern in ein Kätzchen vereinigten, weiblichen Blümchen; die Früchte oder
Beeren, welche jede derselben hervorbringt, drängen sich, so wie sie größer werden, so nahe
zusammen, daß sie nur eine Frucht auszumachen scheinen. Die männlichen Blüten, welche
auch in einem Kätzchen beysammen stehen, befinden sich zuweilen auf einem andern
Baume als die weiblichen Blümchen. Diesen letztern pflanzt man vorzugweise an, weil seine
Früchte keine Kerne haben. Die Länge und die Biegsamkeit seiner Aeste macht es möglich
, ziemlich große Räume und Gebäude damit zu bedecken. Man schneidet diesen Baum
nur, um ihn zu benutzen, oder ihn von dürren Aesten zu befreyen, wenn nicht etwa seine

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