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das »peinliche Gericht« angedroht. Sie konnten »mit Ruthen ausgehauen«, »mit wenigstens
6-wochentlicher Schellenwerkstrafe belegt«, »in das Pforzheimer Zuchthaus gebracht
« oder sogar »des Landes verwiesen« werden. Ein »Fürstliches Rescript« von 1755
kündigte »nach Beschaffenheit derer Umstände und Größe der Bosheit« eine 10-jährige
unnachläsige Zuchthaus-Strafe« und »dem Anbringer (= Anzeigenden) aber nebst Verschweigung
dessen Namens eine Belohnung von 10 fl.« (= Gulden) an. 1770 wurde dieser
Betrag sogar auf 50 Gulden erhöht.
Maulbeer-Förderung auch in den Vorderösterreichischen Landen
Auch der Wiener Hof berücksichtigte die Maulbeeren in seinen »Gesetzen und Allerhöchsten
Verordnungen für die Vorderösterreichischen Landen« (9), zu denen ja bis 1803 bzw.
1805 große Teile des späteren Landes Baden gehörten. Mit allerdings geringerem Nachdruck
als der badische Markgraf regte Kaiserin Maria Theresia 1765 zur Maulbeerpflanzung
an und bewilligte ihren »getreuen Versallen, Landesinnwohnern und Unterthanen
gnädigst, daß
1. auf derley Maulbeerbäume, und den/dem Eigenthümer hiervon zufliessenden Nutzen,
niemalen einige Abgabe, was Namen dieselbe immer haben möge, geleget werden solle,
nicht minder.
2. Daß einem Jeden frey stehe, die öden Gründe mit Maulbeerbäume zu besetzen und diese
für sich zu nutzen, wann der Eigenthümer des öden Grundes, dessen Anbau auf diese
oder andere Art nach vorgängiger Warnung binnen einer Jahresfrist nicht selbst bewirket
.«
Die von Kaiser Joseph II. 1779 erlassene Verordnung, wonach die Dominien, Städte und
Ortschaften die Straßen mit Bäumen zu bepflanzen hatten, nannte unter den dafür in Betracht
kommenden Arten ausdrücklich auch die Maulbeeren.
Welchen Umfang die Kultur der Weißen Maulbeere auf Grund der hier skizzierten Verfügungen
in den Markgräflich-Badischen und Vorderösterreichischen Landen damals erreicht
hat, läßt sich heute schwer schätzen.
Zumindest im damaligen Vorderösterreich scheint die Seidenraupenzucht nicht besonders
floriert zu haben. Denn der Freiburger Professor Alphons Lugo erwähnte in seiner 1797
veröffentlichten »Statistik der Kaiserlich-Königlichen Vorlande« (8): »Der Maulbeerbaum
welcher in dem Breysgaue nicht so gut fortkam, verliehrt sich in heutigen Zeiten gänzlich,
und so geht auch mit ihm der Seidenbau verlohren.«
Immerhin haben sich aber in Baden bis in unsere Zeit einige wenige Maulbeerbäume und -
sträucher erhalten. Daß ihr Anbau im 18. Jahrhundert - gemäß dem Lugo-Zitat - »nicht
fortkam«, lag sicherlich nicht an standörtlicher Ungunst. Selbst die in Preußen durch Friedrich
den Großen veranlaßten umfangreichen Pflanzungen Weißer Maulbeeren haben
langfristig kaum unter dem dort kälteren Klima gelitten.
Weiße Maulbeeren können heute als Feldgehölze dienen
Wenn auch die Maulbeeren nicht zu den ursprünglichen, in Deutschland heimischen Gehölzen
zählen, gelang doch in früheren Jahrhunderten ihre Einbürgerung.
Die noch vorhandenen Überbleibsel an Weißen Maulbeeren regen dazu an, mit dieser Art
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