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und Bekenntnissen bedeutender Persönlichkeiten niedergelegt, in nachdenklichen Worten
von erregender Aktualität und in hellsichtigem Bewußtsein dokumentiert.
Was ist eigentlich der Baum mit seinem holzigen Stamm, wenn wir sein Wesentliches ins
Auge fassen wollen? Wie können wir ihn seinem Wesen nach begreifen?
Manche sehen den tragenden festen Stamm, aus dem im Frühjahr viele einzelne Pflanzen
aus den Knospen hervorsprießen, so wie am Erdboden die Kräuter aus den Samen und
Wurzeln erkeimen.
Und weiter: Was ist denn eigentlich das Holz im Baum, das als eine ersterbende Substanz
aus der lebendigen Kambiumzone unter der Rinde nach innen abgeschieden wird?
Wie geschieht doch immer die Substanzbildung in einem werdenden Organismus? Ein
Verlgleich mit der Entwicklung des Hühnchens aus dem Ei drängt sich auf.
Woher hat denn der Holzstoff seine Festigkeit?
Durch den Kohlenstoff, der bekanntlich bei entsprechend vorsichtiger Erhitzung als das
spröde und so wundervoll fein durchstrukturierte Holzkohlengerüst aus jedem Holz gewonnen
werden kann. Ohne den Kohlenstoff würde das Holz ja nur aus Sauerstoff und
Wasserstoff, also zwei gasförmigen Substanzen bestehen.
Und woher bezieht die Pflanze diesen Kohlenstoff, dem sie ihre physische Festigkeit verdankt
? Aus der Luft, wo er in Form des Kohlendioxyds (Co,) zu etwa 0,03 Prozent vorhanden
ist.
Dieses Wunder der Kohlenstoff-Assimilation, oder auch Photosynthese genannt, geschieht
durch das Sonnenlicht über das Chlorophyll, diesen grünen Farbstoff des Pflanzenblattes
oder der -nadel, der selbst erst durch die Kraft des Lichtes gebildet wurde. Und so sieht dieser
wunderbare Vorgang in der nüchternen chemischen Schreibweise aus: 6 CO,+ 12 H,0
+ Sonnenenergie Cfi H O + 6 O + 6 H O.
So könnte eine alte Buche mit 30 Meter Höhe und 0,60 Meter Durchmesser im Jahr 200 Kilogramm
Sauerstoff freisetzen, das ist etwas mehr als der Durchschnittsverbrauch eines 80
Kilogramm schweren Menschen. Allerdings wird auch Sauertoff für den Abbau der erzeugten
Biomasse verbraucht.
Im Dunkeln aufgewachsene Pflanzen haben ja kein Blattgrün; es wird in ihnen aber sogleich
hervorgerufen, sobald man sie, wenn auch nur für kurze Zeit, dem Lichte aussetzt.
Durch dieses Licht wird also das Kohlenstoff-Element in das lebende Blatt hineingearbeitet
. Dies heißt, daß aus den 0,01 Prozent Kohlenstoff in der Luft, das die Festigkeit vermittelnde
Element für die tonnenschweren Bäume und überhaupt alles als feste Gestalt
»Greifbare« gebildet wird.
Was sehen wir also, wenn wir im Sommer auf das Grün der Bäume oder einer Wiese hinschauen
?
Das Werkzeug sehen wir, das sich das Licht der lebendigen Pflanze geschaffen hat, um ihr
so die Kohlenstoffaufnahme aus der Luft möglich zu machen!
Wie fein und subtil müssen diese Blätter und Nadeln in ihrer inneren Struktur und Sub-
stanziierung gebildet sein, damit die Licht- und Lebenskräfte an ihnen den Wunderprozeß
der Kohlenstoff-Verdichtung aus der umgebenden Luft vollführen können! Wenn jetzt
diese wunderbare Feinstruktur der grünen Blattsubstanz mit der Einwirkung einer von al-
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