Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
5. Jahrgang.1985
Seite: 93
(PDF, 23 MB)
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gen ausdrücklich als Gutshöfe (»villa«) bezeichnet wurden, niemals veräußert werden
dürften und immer im damaligen Zustand bleiben sollten. Aus dieser Anweisung geht
deutlich die große Bedeutung des Kenzinger Besitzes für das Kloster hervor. Zu diesem
Hof gehörte auch die St. Peterskirche.

Für weitere Entwicklung besonders wichtig wurde die Tatsache, daß Andlau im Jahre 881
von Kaiser Karl von dessen Gerichtsbarkeit befreit wurde, wodurch alle Klostergüter, also
auch das im Kenzinger Dorf, sogenannte Immunitäten bildeten. Zur Ausübung der nun eigenen
Gerichtsbarkeit benötigte das Kloster einen Vogt als Vertreter. Der andlauische Hof
besaß darüber hinaus Zwing und Bann, worunter man das Recht verstand, im Dorf zu gebieten
und zu verbieten, und die Berechtigung zur Bestellung des Schultheißen. Dies bedeutete
, daß die klösterliche Gerichtsbarkeit und die damit verbundenen Befugnisse des
Vogtes und des Schultheißen, die ursprünglich nur auf den Fronhof beschränkt waren, auf
das ganze Dorf Kenzingen ausgedehnt wurden, so daß von Ortsherrschaft gesprochen werden
kann. Genauere Bestimmungen über die Führung des andlauischen Hofes in Kenzingen
lassen sich dem Hofrecht aus dem Jahre 1284 entnehmen.3 Darin wurden wegen der
Mißstimmung, die zwischen den als Vögten eingesetzten Herren von Osenberg und dem
Kloster Andlau eingetreten war, die Rechte und Pflichten der Äbtissin, des Vogtes, des
Schultheißen, des Kellers sowie der Huber und Lehensleute genau festgelegt, um den Mißbrauch
einzelner Rechte zu verhindern.

Die zweite umfangreiche Besitzung in Kenzingen gehörte dem Schweizer Kloster Einsiedeln
. Im Jahre 969 schenkte Otto der Große dem Kloster den seit 956 sich wieder in Reichsbesitz
befindlichen Hof zu Riegel mit den dazugehörigen Höfen in anderen breisgauischen
Dörfern. Der Riegeler Hof bildete den Mittelpunkt der Vergabe, zu der neben Gütern in
Kenzingen weitere in Endingen, Wöllingen (Wüstung), Teningen, Bahlingen, Burkheim,
Bergen, Vogtsburg, Rotweil am Kaiserstuhl, Tutschfelden und um Betzenhausen, Zarten
und Riedlingen zählten. Gleichzeitig mit der ersten Bestätigung der Besitzungen Einsiedeins
durch Otto II. im Jahre 972, die als erstes schriftliche Zeugnis diese Schenkung überlieferte
, wurde auch diesem Kloster die Immunität verliehen.4 Für diese Anwesen sind dieselben
rechtlichen Konsequenzen wie für Andlau zu konstatieren, so daß das Klostergut
und die dazugehörigenden Leute eine eigene Gerichtsbarkeit bildeten und zur Ausübung
dieser einen Vogt benötigten. Diese Besitzungen und Rechte wurden im Laufe der Zeit von
den deutschen Königen immer wieder bestätigt. Nach dem Wortlaut einer solchen Urkunde
Heinrichs II. aus dem Jahre 1004 gehörten zu den Gütern Einsiedeins im Breisgau: Kirchen
und Zehnte, sonstige Abgaben, Gebäude, Hörige beiderlei Geschlechts, Äcker, Wiesen
, Weingärten, Wälder, Jagdrechte, Weiden, Wasserrechte, Fischrechte, Mühlen, Sterbegeld
und Einkünfte, bearbeitetes und unbearbeitetes Land. Die St. Georgskirche, die
wohl zugleich mit der Schenkung der übrigen Güter an Einsiedeln gelangte, war für die zu
diesem Hof gehörenden Leute zuständig.

Aus dem bisher Beschriebenen geht die damalige Struktur des Dorfes deutlich hervor: Kenzingen
setzte sich aus zwei großen Siedlungskernen, den Klosterhöfen Andlaus und Einsiedeins
, zusammen, die sich aus ehemaligem Reichsbesitz rekrutierten und zu denen die beiden
vorhandenen Kirchen zählten. Daneben existierten aber noch weitere größere und kleinere
Grundbesitzer, die zunächst eigene Gerichtsbarkeiten bildeten. Entscheidend wurde
nun, daß die Herren von Osenberg über einen längeren Zeitraum die Vogteirechte für die
breisgauischen Güter beider Klöster inne hatten. Der vermutliche Vorfahre der Üsenber-
ger, Dietrich von Rimsingen, erhielt vom Kloster Einsiedeln die Vogtei über den Dinghof
Riegel und die dazugehörenden Besitzungen einschließlich dem Hof in Kenzingen. Von
Dietrich gingen die Vogteirechte auf seine Nachkommen über, die als Cohn wohl einen Teil
der Herrschaftsrechte als Klosterlehen empfinden. Im 12. Jh. kam es anscheinend zu einer
Unstimmigkeit zwischen Hesso III. von Osenberg und dem Kloster Einsiedeln, da vermut-

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