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lieh die Üsenberger die Schwierigkeiten der Abtei im beginnenden Marchenstreit und die
infolgedessen ausbleibenden Kontrollbesuche dazu benutzt hatten, die vom Kloster erhaltenen
Lehenswerte und Lebensgüter in Eigenschaft zu verwandeln und so ihr Herrschaftsgebiet
auszubauen. Infolgedessen wurde der Stiftshof Riegel, dessen Zubehör und die
Herrschaftsrechte dem Herzog von Zähringen übertragen. Bis dahin schien es den Üsen-
bergern schon gelungen zu sein, mehrere Güter und Herrschaftsrechte in Eigenbesitz zu
verwandeln. Seit dem Jahre 1284 sind die Üsenberger auch als Vögte des Klosters Andlau
belegt, wobei sie dieses Amt vermutlich schon seit dem beginnenden 13 Jh. ausübten. Aufgrund
der Verleihung von Zwing und Bann an Andlau konnten die Üsenberger als Vertreter
des Klosters die Gerichtsbarkeit im Dorf ausüben und die so entstandene Ortsherrnschaft
zum Ausbau der eingenen Stellung in Kenzingen nutzen.
1219 und 1242 trat der Schultheiß des Dorfes, dessen Bereitstellung zu den Rechten des
Klosters Andlau gehörte und der von daher gewisse Aufgaben im Gerichtswesen des Dorfes
wahrnahm, im Gefolge der Herren von Üsenberg auf und war wohl auch von diesen
abhängig5, ein weiterer Beleg für den großen Üsenbergsschen Einfluß im Dorf.
Die Herren von Üsenberg hatten sich bis zur Mitte des 13. Jh. eine relativ bedeutende
Machtstellung im Breisgau aufgebaut. Ihre gesamten Besitzungen erstreckten sich von der
Bleiche bis gegen Basel über den ganzen Breisgau. Begünstigt wurde ihr Machtzuwachs
durch das Aussterben der Zährigner 1218, mit denen die bei weitem stärkste Macht des
rechtsrheinischen Gebietes verschwand. Der Weg zur Herrschaftsbildung, den die Zähringer
im 12. Jh. eingeschlagen hatten, wurde nach deren Aussterben von den kleineren Herren
der Umgebung nachgeahmt, wobei es vor allem den Üsenbergern gelang, sich im Breisgau
ein relativ geschlossenes Herrschaftsgebiet zusammenzuführen, indem sie ihren Eigenbesitz
im Kaiserstuhlgebiet und östlich davon am Schwarzwaldrand durch systenmatische
Erwerbungen von Klostervogteien ergänzten. Die Klöster und Kirchen benötigten zur Verwaltung
ihrer Grundherrschaften und zur Ausübung der Hoheitsrechte einen Vogt, der zunächst
in lehensrechtlicher Abhängigkeit zur Grundherrschaft stand und bisweilen mit einem
Teil der Besitzungen belehnt wurde. Vielen Vögten gelang es, die Kirchenlehen ihren
Lehensherren zu entfremden. Die Rechte, die die Vögte zuvor als Vertreter der Klöster ausübten
, handhabten sie nun unter eigenem Namen, zu eigenem Recht und Nutzen. So waren
die starke Machtstellung und der große Einflug der Üsenberger in der Kenzinger Gemarkung
die unabdingbare Voraussetzung für die Stadtgründung Kenzingens. Die eigentlichen
Auslöser sowie die Ursachen der Stadtgründung sind dagegen in den politischen und militärischen
Ereignissen der 1240er Jahre zu suchen.
Mit dem Bau der Stadt wurde, wie die Kenzinger Stadtrechtsurkunde vom 6. Juli 12836 beschreibt
, im Jahre 1249 begonnen. Demnach kann man die Planung für ein derartiges Unternehmen
um einige Jahre vordatieren, da dieses umfassend vorbereitet werden mußte.
Die gedankliche Entstehung des Vorhabens rückte wohl in die Nähe mehrerer Ereignisse,
die Rudolf IL von Üsenberg zur Stadtgründung ermutigt haben könnten. Im Jahre 1245
teilten die Zähringer Erben Konrad und Heinrich von Urach, die Söhne Eginos IV. von
Urach, ihre Besitzungen. Die Herrschaft Freiburg sowie Hausach im Kinzigtal behielt Konrad
, der sich Graf von Freiburg nannte, sein Bruder Heinrich übernahm die meisten zäh-
ringischen Besitzungen auf der Baar mit der Stadt Villingen. Damit wurde die Einheit von
Baar und Breisgau aufgegeben, wodurch beide Herrschaftsteile nun geringere Macht besaßen
, was wiederum die Machtstellung der Üsenberger im Breisgau stärkte. Dies könnte
durchaus ein Anstoß dafür gewesen sein, die Gründung einer Stadt zu erwägen, um den
üsenbergischen Machtbereich zu sichern und weiter auszubauen.
Die Turbulenzen der späten Stauferzeit, besonders der Konflikt zwischen Kaisertum und
Papsttum, wurden auch im Oberrheingebiet spürbar. Das Ziel Kaiser Friedrichs II. nach
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