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chen Holzhiebes beantragt, weil eigene Gelder kaum zur Verfügung standen und durch die
Kriegsschäden auf die Stadt Kenzingen vermehrte Investitionen zukamen.
Da die Anforderungen der Stadt so groß waren, daß der Holzvorrat im Gemeindewald gefährdet
wurde, mußte jährlich um die Genehmigung der außerordentlichen Holzhiebe mit
dem Forstamt eingehend verhandelt werden. Mit Schreiben vom 31. Juli 1951 hat das badische
Forstamt Kenzingen unter anderem der Stadt mitgeteilt:
»Obwohl die Vorratsverhältnisse im Gemeindewald von Kenzingen nicht ungünstig sind, ist es doch
mit Rücksicht auf eine nachhaltige Nutzung unmöglich, jährlich außerordentliche Holzhiebe durchzuführen
.
Bei dem Gemeindewald handelt es sich um ein Gemeindevermögen, auf dessen Zinsen die Stadt Anspruch
hat, während sie andererseits verpflichtet ist, das Kapital ungeschmälert den kommenden Generationen
zu erhalten. Die derzeitige Nutzung ist ja nur möglich, weil dieser Grundsatz schon von
den Vorfahren befolgt wurde.
Bei allem Verständnis für Ihren Standpunkt sind wir doch verpflichtet, gegen die Neigung, den Wald
für die Behebung von finanziellen Gegenwartsnöten oder für die Erfüllung von Gegenwartswünschen
über Gebühr in Anspruch zu nehmen, Stellung zu nehmen und eine Mäßigung in den Anforderungen
zu empfehlen.
Da die Masse der für das Jahrzehnt vorgesehenen außerordentlichen Nutzungen bereits überschritten
ist, steht die Genehmigung weiterer außerordentlicher Nutzungen nicht mehr in unserem Ermessen;
ein Antrag muß der Landesforstverwaltung in Freiburg von uns zur Genehmigung vorgelegt werden«.
In der Folgezeit wurde deshalb aus den vorgenannten Gründen den Anträgen der Stadt
nicht mehr voll entsprochen, da die Leistungsfähigkeit des Waldes gefährdet war und die
kommende Generation auch Anspruch auf die gleichgroße Holzernte hat. So wurde unter
anderem im Jahre 1954 ein außerordentlicher Holzhieb von 8.000 Festmeter zur Abdeckung
der kriegsbedingten Schulden beantragt. Hiervon wurden von der Aufsichtsbehörde
3.000 Festmeter genehmigt, deren Erlös von rund 124.000 Mark nach den Büchern
der Stadt zur Schuldentilgung, zur Renovierüng des Krankenhauses, zur Errichtung von
Lehrerwohnungen und zur Instandsetzung der evangelischen Kirche und der Spitalkapelle
verwendet wurde. Die schon lange geplante Instandsetzung des Rathauses mußte damals
wieder zurückgestellt werden. Auch im Jahre 1955 wurden 3.000 Festmeter zur Schuldentilgung
genehmigt, da die Stadt Kenzingen die Schuldenlast abbauen mußte, um andere
dringende Projekte angehen zu können.
Im Jahrzehnt 1946/1955 wurde somit der Wald erheblich zur Ader gelassen, da die Stadtfinanzen
, bedingt durch das »Kriegsopfer«, stark strapaziert waren. Im Gemeinderat wurde
damals die Auffassung vertreten, daß das gewaltige leichtverwertbare Vermögen der Stadt
(Waldbesitz) verstärkt zur Deckung der kriegsbedingten Verpflichtungen und Schulden beansprucht
werden sollte.
Von 1956 bis 1959 hat man rund 5.000 Festmeter außerordentliches Stammholz geschlagen
, wobei im wesentlichen Nadelstammholz der Vorzug gegeben wurde, da eine Übersättigung
des Buchenmarktes festzustellen war. In dieser Zeit wurden der Neubau der Kinderschule
, der Umbau des städischen Schlachthauses, sowie verschiedene Ortsstraßen und Kanalisationsmaßnahmen
mit den Einnahmen der außerordentlichen Holzhiebe finanziert.
Auch die Beschaffung von Baugelände für den Neubau des Progymnasiums wurde mit einem
außerordentlichen Holzhieb (ca. 520 Festmeter Autobahnaufhieb) mitfinanziert.
In den Jahren 1961 bis 1970 sind jährlich durchschnittlich 1.000 Festmeter außerordentliche
Hölzer geschlagen worden, die einen durchschnittlichen Reinerlös zwischen 75 und 100
Mark pro Festmeter brachten. Die einzelnen Maßnahmen erstreckten sich auf die gesamte
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