Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
6. Jahrgang.1986
Seite: 41
(PDF, 21 MB)
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keiner mehr etwas mit Vieh zu tun haben.... und einen Wagen brauchen die Leute deshalb
auch nicht mehr....«

Ja, und einen holzbereiften und eisenbeschlagenen erst recht nicht!« lacht dazu Herr Göh-
ring. Er hat das Wagnerhandwerk von Grund auf gelernt und jahrelang davon gelebt, in
seiner Werkstatt Leiterwagen, Gabelstiele und alle Gerätschaften zu machen, die man vom
Wagner früher in der Landwirtschaft brauchte.

»Damals gab es außer mir noch drei andere Wagnereien hier in Kenzingen und Arbeit für
jeden in Hülle und Fülle«, versichert Meister Göhring.

Heute ist die Wagnerei ein zum Aussterben verurteiles Handwerk. Nur noch zur Dekoration
, als Blumenampeln oder Tischplatten, werden die Holzräder gebraucht....

»Es ist schon eine Kunst für sich, ein gutes Holzrad anzufertigen«, sagt Herr Göhring
»aber ein großes Geschäft war trotzdem nie zu machen in der Wagnerei«. »Die, wo's Geld
hatten, kauften mehr und mehr die neuen, gummibereiften Wagen«. Auch Frau Göhring
weiß noch sehr gut, wie hart es damals war die Lehrbuben und Gesellen zu bezahlen, die jeden
Monat ihren Lohn verlangten. »Dabei war es nicht einmal viel - aber das Wagenbauen
war und blieb eben kein einträgliches Geschäft«.

»Und eine harte Arbeit war es dazu«, nickt ihr Mann. Das Holz hat er selbst im Wald ausgesucht
und dann zum Ablagern heimgefahren. Für die Wagnerarbeiten kam nur wintergeschlagenes
Holz infrage, weil das weniger vom Wurm befallen wurde und sich viel besser
zur Bearbeitung eignete als Holz, das geschlagen wurde, wenn die Bäume im Saft standen. -
Eine alte Weisheit, die heute oft nicht mehr beachtet wird! Genauso unabdingbar war es in
der Wagnerei, die Bretter zu »hölzern« und gut zwei bis drei Jahre zu lagern, bevor sie bearbeitet
wurden.

»Ja, es war damals noch viel wichtiger, gutes, abgelagertes Holz zu verarbeiten, weil die
Geräte und Wagen schließlich einiges aushalten sollten«.

Heute mache man vieles mit Hilfe der Technik, was früher eine solide Handwerksarbeit
auszeichnete. Dabei - das gibt Meister Göhring unumwunden zu - tut es ihm nicht einmal
leid, seinen Beruf schon 1965 an den Nagel gehängt zu haben.

»Es hat sich in Gottes Namen einfach nicht mehr rentiert. Von den paar Reparaturen
konnten wir nicht mehr leben und wozu soll man Holzwagen bauen, wenn doch kein
Mensch mehr damit fahren will!« Herr Göhring hatte das Glück, in Freiburg bei einer Behörde
eine Anstellung zu bekommen und ist heute froh darüber. »So habe ich jetzt wenigstens
eine kleine Rente«, meint er. Noch auf vielerlei kommt die Rede im Laufe des Gesprächs
. Auf schöne und auf weniger erfreuliche Erlebnisse während seiner aktiven Berufsjahre
als Wagner. Meister Göhring erzählt auch, wie früher die Lehrbuben im Winter auf
die Schwarzwaldhöhe »uf d Stöhr« geschickt wurden, wo sie für freie Kost und Logie die
Leiterwagen, Stiele und alles auf dem Hof in Ordnung brachten, was im Sommer gelitten
hatte.

»Uf d Stehr go« — auch ein Ausdruck, den viele Jungen heute nicht mehr kennen. Werden
unsere Kinder überhaupt noch wissen, wie ein Leiterwagen aussieht? Mit den letzten knarrenden
Holzfuhrwerken ist — nicht nur in Kenzingen — ein altes Handwerk verschwunden
, das einmal viele Erleichterungen für die Bauern schaffte und in jener Zeit allerersten
Errungenschaften der Technik Einzug in die Landwirtschaft ermöglichte.

Christa Hülter-Hassler

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