Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
6. Jahrgang.1986
Seite: 67
(PDF, 21 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1986-6/0069
Die Kreisbaugenossenschaft errichtete die Gebäude Nr. 1, 3, 5, 7, 9, 11 in der Hebelstraße.
Die Stadt Kenzingen hatte nach den Darlehensbedingungen der Landeskreditanstalt 16
Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, wovon am 4.5.1951 12 Wohnungen
von Flüchtlingen belegt und 4 Flüchtlingsfamilien in Altwohnungen untergebracht gewesen
sind.

Im Rahmen des Bauprogramms 1952 ist eine größere Anzahl Heimatvertriebener nach
Kenzingen umgesiedelt worden. Die Möbel für sie waren noch nicht eingetroffen, deshalb
wurde die Stadt Kenzingen beauftragt, die Unterbringung vorübergehend in einem Gasthaus
vorzunehmen. Die Umsiedler haben es jedoch vorgezogen auf Stroh in ihren Wohnungen
zu übernachten. Es liegt eine Rechnung vor, wonach im Monat August 1953 13,40
Ztr. Stroh und im Monat September 12 Ztr. Stroh aus dem städtischen Hengststall für diesen
Zweck übernommen wurde.

Im Zusammenhang mit der Aufnahme und Eingliederung der Flüchtlinge verfaßte der
Bürgermeister von Kenzingen am 23.12.1954 folgenden Bericht: Die Stadt Kenzingen hat
umfangreiche Wohnungsbauten erstellt teils durch Genossenschaften und gemeinnützige
Unternehmen, teils im Eigenbau durch Heimatvertriebene selbst. Diese Bauvorhaben führten
dazu, daß ein größerer Strom von Flüchtlingen nach Kenzingen kam. 1/3 der Bevölkerung
setzt sich heute aus Heimatvertriebenen und Flüchtlingen zusammen.
An Industrie besitzt Kenzingen nur eine Uhren-, Radio- und Möbelfabrik. Weiter ist eine
kleinere Fabrikationsstätte für Metallwaren vorhanden. Seit 1.4.1954 hat eine Postversandzentrale
sich hier niedergelassen. Doch kann die einheimische Industrie nicht alle Arbeitskräfte
aufnehmen, insbesondere die Heimatvertriebenen werden hier stark betroffen.
Teils müssen sie längere Zeit arbeitslos bleiben, teils müssen sie auswärts ihr Brot verdienen
. In Erkenntnis dessen, daß es dringend notwendig wird, Industrie in Kenzingen anzusiedeln
, hat die Stadt ein größeres Industriegeblände angekauft, das sofort bebaut werden
kann. Dieses Gelände liegt in unmittelbarer Nähe der Bundesbahn Frankfurt-Basel und
bringt die Voraussetzung eines Gleisenanschlusses mit sich.

Die Heimatvertriebenen

Die meisten Flüchtlinge waren schon 4-6 Jahre unterwegs, aus ihrer angestammten Heimat
geflüchtet oder vertrieben, bevor sie sich endgültig in Kenzingen niederlassen konnten.
Viele hatten ihr Leben während dieser Zeit in Mägde- und Knechtekammern als landwirtschaftliche
Arbeiter in Schleswig-Holstein oder in anderen Gebieten Deutschlands verbracht
. Mit der Freigabe des Interzonenverkehrs (1948) begann die Abwanderung aus den
Notaufnahmegebieten. Es erschienen Werber bei den Flüchtlingsfamilien und boten ihnen
bessere Siedlungsmöglichkeiten im Süden an. In Hamburg und in anderen Städten wurden
Flüchtlingszüge zusammengestellt, die dann planmäßig in bestimmte Aufnahmeländer abfuhren
.

Das gemeinsame Schicksal, der Wille zu einem neuen Beginn formte die Vertriebenen zu
einer Gemeinschaft, die ihre eigenen Interessen den Behörden gegenüber vertrat. Zur
Gründung von eigenen Flüchtlingsorganisationen kam es erst in den Jahren 1948/1949,
nachdem das Koalitionsverbot erloschen war. In Südbaden entstand die Organisation »Interessengemeinschaft
heimatvertriebener Deutscher«. Sie erfaßte alle Flüchtlinge, — unbeschadet
ihrer landmannschaftlichen Zugehörigkeit — um durch Beratung und Unterstützung
die Gleichberechtigung mit den Einheimischen zu erreichen, insbesondere in Fragen
der Existenz, Siedlung, Wohnraum- und Hausratsbeschaffung, Ausbildung der Jugendlichen
, Geltendmachung von Anrechnungs-, Renten-, Pensionsansprüchen, usw.
Die Gründungsversammlung der Ortsgruppe Kenzingen haben am 11.12.1949 Karl Pösch-
ko und Ernst Höfer einberufen. In ihrer Versammlung vom 29.7.1950 sprach Abgesandter
aus Freiburg über Hausrats-, Unterhalts-, Aufbau- und Ausbildungshilfe im Rahmen des

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