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Soforthilfeprogramms. Die Inschrift des Siegels ihrer Organisation lautete: »Ortsinteressengemeinschaft
Kenzingen heimatvertriebener Deutscher« sie nannten sie aber auch
»Bund der vertriebenen Deutschen Ortsverband Kenzingen«. Zwei Jahrzehnte hindurch
nahm diese Organisation die Interessen der Vertriebenen wahr und entfaltete zugleich eine
bunte Tätigkeit zur Pflege des Kulturerbes der deutschen Vertreibungsgebiete.
Die Stadtverwaltung Kenzingen gab sich alle erdenkliche Mühe, um den Flüchtlingen in jeder
Weise behilflich zu sein. Nehmen wir das Beispiel der Finanzierung kultureller Veranstaltungen
, insbesondere jener der eigenen Weihnachtsfeier der Interessengemeinschaft.
Jedes Jahr erhielt sie für diesen Zweck DM 150 und für die Gestaltung der Feier am Tag
der Heimat DM 200. Am 28.11.1952 erkundigte sich der Stadtrat, ob auch in anderen Gemeinden
Weihnachtsgeld gezahlt wird und erfährt, daß in Herbolzheim in diesem Jahr
erstmals an den Flüchtlingsverband DM 30 für die Weihnachtsfeier ausgezahlt wurden. In
Riegel zahtle man DM 1 pro Flüchtlingskind, während in Endingen, Emmendingen und
Elzach keine Weihnachtszuwendungen an Wohlfahrtsverbände geleistet wurden, in Waldkirch
hingegen wurden in den Haushalt jährlich DM 300 - 600 für die Wohlfahrtsverbände
veranschlagt. Hiernach hat sich die Stadt Kenzingen im Vergleich zu anderen Gemeinden
bisher großzügiger erwiesen und beschloß, von jetzt an die Wohlfahrtsverbände und den
Ortsverband der Heimatvertriebenen jährlich mit DM 50 zu unterstützen. Der Stadtrat
schlug 1953 vor, für die ganze Gemeinde eine gemeinsame Weihnachtsfeier zu gestalten.
Am 29.3.1954 bat der Bund der Vertriebenen um Zuweisung eines Raumes für Zusammenkünfte
der Jugendgruppe. Bei diesen Zusammenkünften sollen die 20-25 Jugendlichen in
heimischen Sitten und Gebräuchen unterwiesen werden, damit diese nicht in Vergessenheit
geraten. Für diesen Zweck wurde ein Raum im Vermessungsgebäude zur Verfügung gestellt
.
An den Feiern der Vertriebenen, die oft in der Turn- und Festhalle abgehalten wurden, haben
auch Stadträte und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens teilgenommen.
Den »Tag der Heimat« veranstalteten am 20. August 1955 der Bund der Vertriebenen
Ortsverband Kenzingen gemeinsam mit dem Ortsverband Herbolzheim in der Kenzinger
Festhalle im Rahmen eines bunten Abends. Beim Durchblättern der Schriften im Archiv
erhält man den Eindruck, daß der Bund der Vertriebenen in den fünziger Jahren eine sehr
rege Tätigkeit entfaltet hat. Aus einem Dankschreiben vom 1.11.1958 des Bundes der Vertriebenen
an den Bürgermeister erfährt man Genaueres: »Wir wollen und fühlen uns ein
mit der einheimischen Bevölkerung, wollen aber dabei nicht vergessen, daß wir Flüchtlinge
und Vertriebene sind. Von der stattlichen Zahl der Einheimischen auf unserer Veranstaltung
am 18.10.1958 sind wir tiefstens beeindruckt.«
Der Bund der Vertriebenen Ortsverband Kenzingen kümmerte sich aber auch um die materiellen
und sozialen Lebensumstände der Vertriebenen. Er bat von der Stadt, um die Kontakte
mit den Flüchtlingen besser pflegen zu können, um 3-4 Aushängekästen, die an verschiedenen
Stellen in der Stadt angebracht werden sollten. Ein Kasten befand sich 1958 in
der »Siedlung«.
Vertreter der Interessengemeinschaft heimatvertriebener Deutscher wie ihre Vorsitzenden
Willi Darge, Paul Kümmel und Heinrich Fuchs konnten am 4.5.1951 bei einer Sitzung des
Stadtratskollegiums ihre Wünsche und Anträge vortragen. Der Bürgermeister klärte sie
darüber auf, daß auch alle einheimischen Nichtbürger nur 2 Ster Brennholz zugeteilt bekommen
. Den Heimatvertriebenen wurde der Vorschlag gemacht, sich Leseholzscheine zu
beschaffen. Es wurde darüber Klage geführt, daß der Abwassergraben hinter den städtischen
Wohnbaracken überläuft und dadurch das Wasser in die Keller der Wohnbaracken
eindringt. Eine Abhilfe versprach man mit der Beendigung der Wiesenwässerung, was bald
erfolgen werde. Es wurde auch die Frage gestellt, wie lange noch die provisorische Unter-
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