Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
6. Jahrgang.1986
Seite: 76
(PDF, 21 MB)
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rahm'. In einer weiteren Stufe hat sich 'Millere' dann zu dem im Freiamt und im Elztal geltenden
'Mirre' entwickelt.

Von den Übereinstimmungen sei zum Schluß noch die Bezeichnung für eine »zu wenig gesalzene
Suppe« herausgegriffen. Diese Eigenschaft, die also schon damals hin und wieder
vorgekommen sein muß, wird in Kenzingen nach wie vor mit dem Wort 'schlei', in Weisweil
, in zahlreichen Kaiserstuhlgemeinden und südlich Gottenheim dagegen mit dem Wort
'leise', in der Mundart Iiis ausgesprochen, bezeichnet.

Sehen wir einmal von dem bei Heilig erwähnten Ausdruck 'Pschniesel' für »Schnupfen«
ab, den ich weder in Kenzingen noch in irgendeiner anderen Breisgauer Gemeinde gehört
habe, so sind bei den in beiden Arbeiten vorkommenden Wörtern nur Übereinstimmungen
festzuhalten. Starke Abweichungen betreffen dagegen die Aussprache, wobei dieser Unterschied
sicherlich nicht auf einer Entwicklung der Mundart beruht, sondern zweifellos darauf
zurückzuführen ist, daß Heilig hier nicht sorgfältig genug gearbeitet hat. Unser Wort
»Samen« kann im Jahre 1902 nicht als same oder saame ausgesprochen worden sein, denn
die alte mittelhochdeutschen ä-Lautung ist heute nur noch in der Schweiz vorzufinden und
wurde in unserer Gegend, wie Karl Bohnenberger bereits 1895 anhand von Urkunden
nachweisen konnte, bereits zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert zugunsten der heutigen
Aussprache nämlich soome, aufgegeben. Fehler in der Notierung der Aussprache sind Heilig
auch in dem im Jahre 1900 erschienenen Beitrag »Die Flexion des Verbums in der alemannischen
Mundart von Kenzingen« unterlaufen. Seine Formen haabe (haben) und gsin
(gewesen) dürften wohl kaum aus dem Munde eines Kenzingers gestammt haben, denn hier
sagte man damals sicherlich wie heute im gesamten Breisgau haa und gsii.

Otto Heilig, der sich in seinen weiteren, unter dem Titel »aus badischen Mundarten« erschienenen
Aufsätzen anderen Gegenden zuwandte, blieb nicht ohne Nachfolger. Im Jahre
1917 schrieb Philipp Lenz seine »Beiträge zum Wortschaft der badischen Mundarten«,
worin er in alphabetischer Reihenfolge eine Wortliste gesammelter Mundartwörter vorwiegend
aus Baden-Baden, aber auch aus Weisweil und Emmendingen veröffentlichte. Zwei
Wörter sind dabei besonders interessant. Das bereits oben erwähnte 'Millere' gibt Lenz
nämlich für Emmendingen an, wo es nach meinen Erkundigungen heute nicht mehr bekannt
ist. Während aber »Millere« in Emmendingen damals durchaus noch gegolten haben
kann, scheint mir der Weisweiler Beleg 'Hammerstrumpf' für »Schinken« sehr unwahrscheinlich
zu sein. Die heute in der gesamten Rheinebene gängige Bezeichnung ist
'Schuncken' - im Elsaß gilt das französische Wort 'jambon' -, während 'Hammerstrumpf'
nur im Raum Donaueschingen - Furtwangen - Freiburg belegt ist (vgl. Kt. 5). Hätte die
letztere Bezeichnung, die nach dem »Badischen Wörterbuch« (II, 545) übrigens eine Zusammensetzung
aus 'Hamme' = »Schinken« und 'Strumpf = »Stumpf, Stotzen« ist,
Anfang des Jahrhunderts in der Rheinebene gegolten, so könnten wir sicherlich noch heute
mit irgendwelchen Relikten rechnen. Da dies nicht der Fall ist, möchte ich diesen Beleg
ernsthaft in Frage stellen. Die meisten der von Lenz erwähnten Dialektwörter sind ansonsten
weit verbreitet und geben für eine Beschreibung einer Ortsmundart wenig her. Wörter
wie 'Bettbrunzer' (Löwenzahn), 'Bansel' (Pinsel), 'Driiwil' (Traube), 'Ärgerle' (Kübel),
'Falle' (Türklinke), 'Krummholz' (Wagner) oder 'Pfulwe' (Kopfkissen) sind in einem recht
großen Gebiet anzutreffen.

In der Tradition der Wortsammlungen stehen auch noch die zwischen 1913 und 1924 erschienenen
Aufsätze von Huber, Hirtler und Wolfhard. Sie beschäftigen sich vor allem mit
dem Volksglauben, am Kaiserstuhl auch mit dem Weinbau, und haben somit eher volkskundlichen
als sprachwissenschaftlichen Charakter.

Dieser ersten Phase der Wortschatzuntersuchungen folgt dann im Breisgau eine Pause von
drei Jahrzehnten, bis im Jahre 1959 die Dissertation von B. Hänel »Wortgeographie zwischen
Breisgau und Ortenau« erscheint. Grundlage für diese Arbeit war eine Liste von 200

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