Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 93
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0095
Am 22. Oktober 1638 lag der schottische Leutnant Molvinus mit 16 Musketieren auf der
Burg und berichtete an den Herzog von Weimar u.a., daß er sich für sechs Wochen noch
gut auf dem Schloß halten und auch den Winter überstehen würde, wenn er auf dem Rhein
noch etwas Proviant und Lunten zugeführt bekommen würde. »Ob ich nun wol inmittelß
mit dem hiesigen amtmann die unfehlbare anstallt zu machen vermeinet, daß durch seines
ampts unterhabendte Bauren noch etwas fruchten herzu geschafft werden sollten: so hab
ich aber im werckh befundten, daß selbiges nicht sein können, angesehen, daß der bauren
sehr wenig vorhanndten, auch albereit die meisten davon hungers halber in die Schweitz
und andere ort sich verlauffen haben. (Liechteneckh, den 22. Octobris 1638)«.
Molvinus berichtet auch mehrfach über gefangene Kundschafter (so am 25. Oktober
1638), über »das Schiffmanns weib« (20. November 1638) und über feindliche Truppenbewegungen
und Kriegspläne (z.B. am 3. November 1638) von Lichteneck. Daß er sich für
»sein Land« verantwortlich fühlte, zeigen seine Berichte über die negativ empfundenen
Plünderungen der verbündeten Franzosen. Als diese etwa plündernd in den umliegenden
österreichischen und markgräflichen Orten lagen, schrieb er am 3. November, »ob ich nun
wol verhoffet, durch meine ausgeschickte Soldaten dise so häufig herumbschweifente
Bursch wider aus den dörffern mit güeti in das Lager zu schaffen unt dem schedlichen
brennen und plündern sonderlich in den Marggrävischen ortten zu wehren, und die alhier
noch vorhandtene wenige unterthanen wider nacher hauß zu bringen, so hab ich aber wider
allen angewendten vleiß und mühe wenig erhallten können ...«.
Nachdem diese allein in der vergangenen Nacht zu Bahlingen, Nimburg und Malterdingen
acht Häuser verbrannt hätten, »ist zu besorgen, da dieses der Franzosen auslaufen nicht
verwehret würdt, daß bei Entstehung windtigen Wetters ganze dörffer durch ihr so unbe-
huetsames feüren werden nidergelegt ...«. Und am 16. November: »im übrigen thun die
Franzosen mit plündern und brennen in der Marggrafschafft noch sehr großen schaden:
der schöne Flecken Baalingen ist fast gantz abgebrennt worden« (alle Briefe aus dem herzoglich
weimarischen Nachlaß in der ehemaligen fürstlichen Hofbibliothek Gotha, Abschriften
im Archiv Baronin Stackelberg).

Ein Beleg für die verantwortungsvolle Haltung des Burgkommandanten ist es auch, wenn
Conrad Burger berichtet, daß er oft »Salvaguardi«, also ca. zwei bis drei Mann starke
Schutzmannschaften für sein Kloster Wonnental von der Burg abgestellt erhalten hat. Diese
nützlichen Beschützer allerdings konnten wegen der notwendigen Verproviantierung
auch zu Schädlingen werden, und Conrad Burgers Lebenserinnerungen sind voll von Berichten
über solch jähe Wandlungen.

Die Ordnungsfunktion der Burg im 30jährigen Krieg wird auch in Grimmelshausens Sim-
plizissimus erkennbar. Als der Held des Romans mit dem Gewohnheitsverbrecher Olivier
vermutlich bei Köndringen eine Kutsche überfallen hat, werden beide von einem Bauern
wohl an den Kommandanten von Lichteneck verraten. Man warnt ihn: «Geschwind machet
euch abwegs! es kommt ein Corporal mit sechs Musquetieren, die sollen euch und den
Olivier aufheben und entweder tod oder lebendig nach Lichteneck liefern« (Buch IV, cap.
25). Simplizissimus hat allerdings mit Olivier die sieben Soldaten schon erschlagen, wobei
Olivier den Tod gefunden hat (IV, cap. 24) und kann so der Burg und dem Galgen entgehen
.

Im unermüdlichen Kampf des streitbaren Paters um die Erhaltung der Menschen im Wonnental
und der Gebäude von Tennenbach spielt auch die Lichteneck eine besondere Rolle.
Diese soll der folgende Ausschnitt deutlich machen, der vom Kampf Burgers um Klostervieh
handelt und der hier auch deshalb ausführlich zitiert werden soll, weil er ein für jedermann
besonders plastisches geschichtliches Bild der Ereignisse um die Burg herum abgibt.

Im April 1643 hatte der in Kenzingen kommandierende Oberst vom Klostervieh Kenntnis
erhalten, das Burger in raffiniertester Weise bis dahin ungeschlachtet und ungeraubt dem
Kloster hatte erhalten können. Und so lud der Oberst den Pater, mit dem er eigentlich auf
recht gutem Fuß stand, zum Mittagessen ein. »Da ich nun in die Statt kam, und bey des

93


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0095