Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 95
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/pforte-1988-7-8/0097
»Da ich nun wider nacher Wunnenthal kam, fand ich wider harte Streift mit dem Com-
mandanten aus Liechteneck, welches mir schier gar das Leben gekostet.
Es ist aber der Verlauf also hergangen. Sobald die Stadt Frey burg an die Kayserische Seiten
übergangen, hat gleich der Commandant auf Liechteneck gedacht, es werd iezundt an ihn
auch gelten, und er werde nit lang mehr Platz darauf haben. Weil er dan ein Acker mit
Waitzen diesseits der Elz auf der Wunnenthalischen Seiten hatte, und damalen kein
Brucken über die Elz war, auch wegen den Parteyen, sowol Freyburgischen als Feindtlichen
kein Sicherheit nirgent war, wüste er nit wie er sein Waitzen zuwege bringen köndt, der
allbereit zeitig war zu schneiden. Schickte derohalben zu mir, ich soll zu ihm hinaus ins
Schloß kommen. Ich ging zwar und kam zu ihm; da bringt er mir vor, er hab dort unden
unnerhalb ein Acker mit Waizen 6 Jück groß, der Waitzen schön und schon zeitig zu schneiden
. Nun wiß er solches nit ins Werck zu setzen, daß er könne geschnitten werden und ins
Schloß gefüehrt; dan es sey kein Bruck da, keine Leüt wiß er zu bekommen, weilen alle
Menschen von Hecklingen hinweg weren. Also find er kein anderen Rath, als er wöll ihn
dem Gottshaus umb 5 Viertel zu kaufen geben; daß solche Frucht aber ich ihms aufs bel-
dest, nemblich innerhalb 3 Tagen, aufs Schloß Uferen soll. Ich wolte mich mit der Unmüg-
lichkeit entschuldigen, dan ich hab keine Leüt, auch keine Fuhr.

Er wurd zornig, und sagt, diß müest ich thuen, oder er wöls Closter anzünden. Ich gedacht
er sey ein gottloser Calvinist, und jetz desperat, nit lenger auf dem Schloß zu bleiben, er
möcht erst das Closter zu Grund richten, welches bisher so gnediglich von Gott erhalten
worden were, sagte derohalben, wan das Ueberige über die 5 Viertel eigentlich unser solle
sein, wöll ich sehen, wie ichs zu Wege brechte, wievol es mich schier gar ein Unmügligkeit
geduncke zu sein. Er sagt, ja das Ueberig soll alles uns verbleiben.«

Trotz der angeblichen Unmöglichkeit, fünf Viertel Getreide aufs Schloß zu liefern, fand
Conrad Burger selbstverständlich Vorräte und eine Möglichkeit, die Lieferung tatsächlich
abzuwickeln. Das Problem jedoch war, dieses Getreide mußte über die Elz geschafft, die
damals relativ hoch ging, und dann erst vom anderen Elzufer ab auf das Schloß Lichteneck
gebracht werden. Conrad Burger fand niemand, der in der Lage war, ein Schiff für ihn im
Augenblick zu führen, und so mußte er selber einen etwas desolaten und löcherigen Kahn
besteigen und versuchen, das Getreide über die Elz hinüberzubringen. Wir sehen weiter,
wie ihm das gelungen ist:

»Da wolt ich ruderen, und kondts nit, und weil das Schiff schwer war, stieß es das starck
Wasser gleich in die Mitte, und es fuhr hinabwärts; arbeitete derohalben mit allen Kräfften;
wieder ans Ort beseits zu kommen; welches zwar gelang, aber ich war müed und voller
Angst. Sobald ich aber ein wenig erschnauft, wagte ichs wieder und gings mir wider wi
vorhin; da wurd ich noch müder und zitterte an allen Glider vor Angsthaftigkeit. Da stund
ich wider im großen Zweifel, ob ichs noch einmal wagen wolt? Die große Gfahr meines
Lebens schwebte mir vor Augen; und die Dreuwort des Verbrennen des Closters ängstigte
mir das Herz mit Leiden; und weilen in perturbatione nullum consilium, Einer in der Verwirrung
ihm selbsten nit rathen kan, wagte ich es noch zum dritten Male; aber o Gott, wie
gehts?

Hie wird man klar erkennen, wie Gott, die Muetter Gottes, der Heil. Vatter Bernardus, der
hl. Schutzengel die Seinigen in den höchsten Gfaren erretten und erhalten kann; dan obgleich
ich in meiner höchsten Verwirrung an sie alle nit gedacht, und Niemandt wust um
Hilff anzuruefen, sunder da ich sähe, daß ich nun aufs beldest übers Wehr hinab werde
gestürzt werden, legte ich das Ruder nider, und saß auch nider, ließ das Schiff fahren. Aber
o Wunder über Wunder! Das groß Loch im Schiffschnabel war vornen, und sollte noth-
wendig vornen her hinabschießen, und doch ist das Schiff gählings umgewendt worden
(wer wolt zweiflen, daß es nit mein Schutzengel auf Geheiß der Mutter Gottes und des hl.
Bernardus, als umb deren Clösterlins willen ich in solcher Leib und Lebensgfahr schwebte,
gethan) und durch ein Fischschlauch hinabgschossen unangestoßen, wiewol auf beiden

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