Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 108
(PDF, 52 MB)
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Abbildung 9 zeigt eine ehemalige Eckverbindung an dieser Stelle, der ebenfalls Mauermassen
vorgelegt wurden. Ganz allgemein läßt sich hier sagen, daß die Nord- und Ostmauern
geradezu ein Sammelsurium mehrfacher Bauveränderungen darstellen, die aber alle noch
im einzelnen untersucht und in einen Zusammenhang gebracht werden müssen.
Die folgende Hypothese läßt sich dennoch bereits aufstellen: Die feststellbaren Bauveränderungen
können in Zusammenhang mit der Zerstörung von 1433, den Schädigungen des
30jährigen Krieges und den bis dahin vollzogenen Veränderungen der mittelalterlichen
Burg im Sinne der sich damals drastisch verändernden Festungstechnik stehen. Immerhin
war die Lichteneck ja die zentrale Festung der Tübingen-Lichtenecker und zeitweise wohl
auch die (namengebende) Residenz dieser Dynasten. Die ständige Erhaltung und Modernisierung
seit der Übernahme ist also alles andere als unwahrscheinlich.
Mit dieser Erklärung verlöre auch die zuerst von Futterer (1936) angestellte Überlegung ihre
Plausibilität, die Burg sei nach 1433 nicht mehr aufgebaut, sondern an jetziger Stelle
neu errichtet worden. Die Begriffe »Burgstall« als ruinierter Teil und »Schloß« als Neubauteil
einer Burganlage in einer Urkunde von 1492 schließen nämlich einen topografi-
schen Zusammenhang beider Bereiche in einer Anlage nicht aus. Außerdem entspricht der
Bautypus der Spornburg, den Lichteneck bis heute verkörpert, durchaus den Gegebenheiten
des 13. Jahrhunderts, in das wir die Gründung ja gelegt haben. Eine Festung in Spornlage
ihrerseits entspricht auch nicht mehr den Neubauideen der Wende vom 15. zum 16.
Jahrhundert.

Ein paralleler Ausbaufall in unserer Region liegt in der um 1405 wieder neu erbauten, eine
kanonensicher dicke Schildmauer umfassenden Spornburg Keppenbach/Freiamt vor. Hier
entstand die neue am Ort der alten Anlage.

Ein interessanter Grundriß im Vergleich

Von besonderem Interesse ist, daß alle Ecken der Außenmauern eine deutliche Tendenz zur
Rundung zeigen und nirgends ein rechtwinkliges Eck erscheint. Das mag im Südosten (Cl)
den topografischen Gegebenheiten des Geländes entsprochen haben, sicher ist aber, daß
die Mauervorbauten im Nordosteck, wohl auch die Mauer im Südwesten, bewußt annähernd
rund gestaltet sind, wie der Gruber-Plan viel deutlicher als der alte Grundriß aus
den Kunstdenkmälern zeigt. Im Zusammenhang mit den anderen Mauerverstärkungen gegen
Kanonenbeschuß stellt dies aber dem Versuch dar, die neue Technik des Rondells für
die eigene Anlage zu nutzen. So werden sich möglicherweise auf der Mauer Stellungen für
kleines Geschütz befunden haben. Um 1550 erschienen auf der Hochburg ebenfalls Rondelle
als Kennzeichen des Renaissance-Ausbaus, deren eines im Nordosten schon Geschütze
nach innen verlagerte. Ansätze dieses Denkens dürften um 1500 dazu geführt haben,
daß die Lichteneck-Rundecken beibehalten und ausgebaut wurden.
Die Form des abgerundeten Grundrisses könnte aber auch Datierungshinweise für eine erste
Anlage Lichteneck geben, wenn man sie mit ähnlichen abgerundeten Bauformen anderer
Burgen vergleicht. Weniger im Elsaß, eher in den Jurakalkgebieten der Schweiz, findet
sich das gleiche bauliche Denken an Elementen einiger Burgen, die allesamt nicht älter sind
als Mitte 13. Jahrhundert. Gemeinsame Kennzeichen dieser Anlagen sind Bauelemente mit
gerundeten Ecken und Mauerwerk in gerundetem Eckverband.

Die Abbildung 10 verdeutlicht das an Grundrißausschnitten der Burgen Bischofstein (BL)
(um 1250), Münchsberg (BL) (Mitte oder zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts) und dem
Wohnturm von Neu-Hornberg (BL) (um 1240). Dieser umfaßt etwa ein Drittel der Grundfläche
von Lichteneck, sein Mauerwerk erscheint dem Lichteneckischen im Süden und Westen
ähnlich und ist auch bis 3 m dick. Ähnliches gilt auch für den Wohnturm von Pfeffingen
(BL) (Mitte des 13. Jahrhunderts), dessen Innenfläche etwa zwei Drittel der Lichteneckischen
umfaßt, für Wildenstein (BL) (Mitte oder zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts),
Angenstein (BE) (Mitte des 13. Jahrhunderts), etwa ein Drittel der Grundfläche, sowie Alt-
und Neu-Falkenstein (SO) (Mitte des 13. Jahrhunderts). Aus dem späten 13. Jahrhundert

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