Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
7. und 8. Jahrgang.1987/1988
Seite: 161
(PDF, 52 MB)
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Die Aufhebung der Leibeigenschaft

Zu den ersten einschneidenden Maßnahmen der badisch-großherzoglichen Regierung gehörte
die völlige Abschaffung der Leibeigenschaft und der damit verbundenen Einschränkungen
und Abgaben. Das Leibeigenschaftsverhältnis hatte sich zwar seit längerem schon
von der eher personalen Abhängigkeit zu einer Abgabepflichtigkeit gewandelt, »Leibeigenschaft
« galt dennoch, vor allem seit dem Bauernkrieg, als das besondere Zeichen bäuerlicher
Untertänigkeit.

In Hecklingen war »ein jeder gnädiger Herrschaft leibeigener Mann oder Weib, außerhalb
in anderen Herrschaften gesessen, ... alle Jahre seines Lebens ein Schilling Pfennig, und
wenn der oder die absterben, einen Leib- oder Todfall gnädiger Herrschaft zu geben schuldig
«. Als Leibfall wurde beim Tod eines Mannes »das beste Haupt Vieh, das beste Wehr
oder Kleid«, beim Tode einer Frau »die beste Kuh oder auch das beste Kleid« gefordert.
Die Einwohner von Hecklingen waren demnach von der Bezahlung des Eigenschillings befreit
, von allen war jedoch, nach dem Wortlaut der Urbare, der Leibfall zu fordern. So bestimmt
die Beschreibung von 1575, »so auch zu Hecklingen einer oder eine, sie seien leibeigen
oder nicht, sie seien auch verbürgert daselbst, seßhaft oder sonst fremd angekommene
Leut, des Ends absterben, der oder dieselben sind meiner gnädigen Herrschaft nach wohl
herbrachtem Brauch und Übung... einen Leibfall zu geben schuldig«. Wie schon aus einer
Urkunde von 1571 zu ersehen ist, gab dieser Abschnitt aber nicht die wirklichen Verhältnisse
wieder, sondern war eher der Versuch der Herrschaft, die einem Teil der Bevölkerung
auferlegte Leibeigenschaft auf alle auszudehnen. Diesem Ansinnen widersetzte sich die
Gemeinde, wie im übrigen auch Forchheim und Sasbach, mit Erfolg, denn nach der Entscheidung
des Oberreichsgerichts zu Ensisheim durfte die Frage, ob einer leibeigen sei oder
nicht, nur an Hand von Dokumenten entschieden werden, was allerdings die Herrschaft
nicht daran hinderte, ihre Forderungen nicht nur 1575, sondern auch in den folgenden Urbaren
zu wiederholen.

Im größten Teil des späteren Großherzogtums wurde die Leibeigenschaft schon vor der
Französischen Revolution aufgehoben, im vorderösterreichischen Breisgau 1782 durch Josef
II. und in der Markgrafschaft ein Jahr später durch Carl Friedrich. Dieser erklärte
dann auch schon im sechsten Konstitutions-Edikt (1808) seine Absicht, auch in den neu
erworbenen Gebietsteilen »dieses Recht in seinen Folgen auf gleiche Art aufzuheben, sobald
es Zeit und Umstände erlauben« (Art. 18). Zugleich ordnete er an, statt »Leibeigenschaft
« die Begriffe »Erbpflicht, Erbschilling, Todfall und Erbentlassung« usw. zu gebrauchen
. Die landständische Verfassung von 1818 bestätigte die Aufhebung der Leibeigenschaft
und stellte ein Gesetz zur Ablösung der aus ihr herrührenden Abgaben in Aussicht.
Zwei Jahre später, 1820, wurden durch das Gesetz vom 5. Oktober die persönlichen
Leibeigenschafts-Abgaben in Baden aufgehoben und eine Entschädigung durch die Staatskasse
zugesichert. Die berechtigten Standes- und Grundherren wurden aufgefordert, innerhalb
von sechs Monaten den zehnjährigen Durchschnittsertrag zu melden. Offensichtlich
kamen die Betroffenen nur zögernd dieser Verpflichtung nach, einige hatten »sogar
den Schein einer förmlichen Verweigerung gegen sich«, wie eine Verordnung von 1824 darlegte
. Jetzt wurde eine Immediat-Kommission ernannt und eine Fülle näherer Bestimmungen
und Erläuterungen erlassen.

Auch die Grundherrschaft Hecklingen hatte sich mit der Aufstellung ihrer Forderungen
Zeit gelassen, erst 1825 legte sie das Verzeichnis der von ihr zwischen 1808 und 1817 erhobenen
Todfälle vor. Für 1811 war keine Einnahme vermerkt, die Jahre 1808, 1809 und 1810
erbrachten den Betrag von 40, 80 bzw. 20 Gulden, es kann also angenommen werden, daß
der einzelne Todfall 20 Gulden betragen hat. Die Kirchenbücher belegen für denselben
Zeitraum 13, 17, 16 bzw. 27 Sterbefälle, woraus eindeutig zu ersehen ist, daß es der Herrschaft
nicht gelungen war, die Leibeigenschaft auch nur der Mehrheit der Einwohner aufzuzwingen
. Ab 1812 variieren die Beträge sehr stark, sie werden auch in Bruchteilen von

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