Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 74
(PDF, 67 MB)
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Gegensatz zu der dreigeschossigen Platzfassade nur einstöckig und von der Straße kaum
sichtbar - aber sie stehen nicht vor, sondern in der Stadt. Ihre denkbar bescheidene Architektur
erinnert an sogenannte Laborantenhäuser, wie Arnold sie wenige Jahre später für
die Werkarbeiter der badischen Staatssalinen in Bad Dürrheim und Bad Rappenau aufführen
sollte. Auch die Wohnhäuser der Reichen sind schlicht, gewiß größer und großzügiger
in ihrer Disposition, in ihrer Reihung sind sie monumental, in ihrer biedermeierlichen
Anmut klassizistisch.

Haben wir ganz am Anfang ohne konkrete Anhaltspunkte, ohne genaue Ortskenntnis und
ohne die geschichtlichen Voraussetzungen zu kennen, den Arnoldschen Vorstadtplan in
seiner Autonomie als Idealentwurf charakterisert, dem bei aller Monumentalität mitunter
etwas Großspuriges anhaftet, so stellen wir bei genauerer Betrachtung fest, wie überlegt
und mit welch einfachen Mitteln der Architekt den Übergang zur Altstadt herzustellen
gedachte. Obwohl sich binnen kurzer Zeit weitgehend alle bedenklichen Hindernisse aus
dem Wege räumen ließen, was unter dem seelischen Druck der Brandkatastrophe keineswegs
selbstverständlich war, wurde der Gedanke an die Ausführung dieser Via triumpha-
lis wieder aufgegeben. Weshalb, ist mit entschiedener Sicherheit nicht zu sagen. Vermutlich
scheiterte das Projekt an wirtschaftlichen Faktoren und an den individuellen Wohnvorstellungen
der Bauherren selbst, für die Arnold bekanntlich die „Risse" fertigen sollte. Nach
und nach, teilweise mit erheblicher Verzögerung, so geht aus den Akten hervor, wurden
ihm durch das Bezirksamt Kenzingen die Risse zur Prüfung (wieder-) vorgelegt. Als schließlich
Ignaz Ochsner bei den Behörden vorsprach, nicht mehr wie beschlossen in der projektierten
Vorstadt, sondern auf seinem früheren, inzwischen aber an Jakob Walzer
abgegebenen Grundstück in der Innenstadt neu zu bauen, drohte das ganze Unternehmen
zu scheitern. Auf Arnolds Bericht vom 22. April 1815 hin, worin er nachdrücklich betont,
Ochsner habe sich nach langer Debatte freiwillig für die Vorstadt entschieden, Wälzer könne
gegen seinen Willen das von Ochsner erworbene Grundstück nicht wieder aberkannt werden
, und schließlich habe er den Plan, der die Ministerialgenehmigung erhalten habe, nach
einhelligem Einverständnis entworfen, und zwar so, daß in das Ganze keine eingreifende
Abänderung vorgenommen werden könne, wurde Ochsners Gesuch abgewiesen32.

Aus dem Jahr 1815 ist ein weiterer Situationsplan von Köhle überliefert33 (Abb. 12). Er
zeigt in Höhe der Abzweigung der Bombacher Straße die inzwischen abgesteckte neue Parzellierung
, welche im Prinzip mit dem Arnoldschen Plan einhergeht. An der Ecke ist analog
zu der Vorgabe das Grundstück von Forstinspektor Hosp eingezeichnet, und sein Haus
scheint tatsächlich gebaut worden zu sein. Es besteht fort in dem Anwesen des heutigen
Gasthofs Schieble34. Die sich in der Zeichnung anschließenden Reihenhäuser fehlen und
wurden offensichtlich erst gar nicht mehr in Angriff genommen. Heute klaffen dort vis-ä-
vis der anmutigen Häuserzeile zwischen kunstgeschichtlich unbedeutenden Bauten häßliche
Lücken. Es mag Ironie des Schicksals sein, daß weiter nördlich ein stattliches Gebäude
folgt, das in seiner neoklassizistischen Formensprache Arnold verpflichtet zu sein scheint,
wenngleich es hinter dessen Zielvorstellungen zurückbleibt. Es ist das 1936 neuerbaute
Kreispflegeheim St. Maximilian Kolbe, das zunächst aus einer Haushaltungsschule hervorgegangen
ist, welche im Jahr 1890 als Provisorium auf dem Lachemannschen Grundstück
errichtet worden war35.

VII.

Der hier erstmals veröffentlichte, bislang unbekannte Plan von Friedrich Arnold zur Erweiterung
der Stadt Kenzingen gestattete einen bescheidenen Einblick in deren Siedlungsgeschichte
. Erst im nachhinein mag man sich der Bedeutung dieses Dokumentes bewußt
werden, dessen versuchte Einordnung in die lokale Geschichte auf der Grundlage authentischer
Quellen, so unergiebig, zusammenhanglos und widersprüchlich sie in einigen Punkten
sein mögen, so schwer lesbar und auslegbar sie deshalb sind, ansatzweise möglich war.

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