Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 4885
Die Pforte
10. und 11. Jahrgang.1990/1991
Seite: 91
(PDF, 67 MB)
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denn dort, wohin er flieht, gibt es noch lange keine Eisenbahnen. Auch Friedrich Hecker
muß seinen Marsch zur Errichtung einer Deutschen Republik von Konstanz aus noch zu
Fuß antreten. Dagegen können die Regierungs- bzw. Bundestruppen im Rheintal bereits
bis Schliengen mit der Bahn befördert werden. Das Militär entdeckt erstmals die Bedeutung
der Eisenbahn. Da werden für damalige Verhältnisse ungeheure Massen von Freischärlern
, Truppen und Kriegsmaterial, meist in Extrazügen, befördert. Die junge Bahn
erlebt ihre erste große Belastungsprobe. Um schließlich das rasche Vordringen des preußischen
und hessischen Militärs zu verhindern, kommt es zu ersten Sabotageakten gegen
die Bahnanlagen durch badische Freischärler. So wurde in unserem Bereich bei Friesenheim
, Orschweier und Köndringen der Bahnkörper unbrauchbar gemacht.

Langsam normalisiert sich das Leben wieder. Die Fertigstellung des Tunnels bei Istein stellt
sich in Aussicht und somit auch das Erreichen von Basel als zunächst gedachtem Endpunkt
der Bahn. Damit stellt sich nicht nur die Frage nach einem weiteren Ausbau der
Bahn, sondern auch nach Anschlüssen an das benachbarte Ausland.

Ursprünglich wurde die Eisenbahn verstanden als ein Instrument des lokalen, des nationalen
Verkehrs. So entstanden in den Jahren ab etwa 1840 in fast allen deutschen Staaten
die ersten Bahnen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse dieser Einzelstaaten ausgerichtet waren
. Doch über diese eingeschränkte Funktion des nationalen Verkehrs wuchsen die Bahnen
bereits im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens hinaus. Und jetzt zeigte sich für Baden
auch das Verhängnis der Wahl der Breitspur in seiner ganzen Größe. Man hatte sich in
Baden für die Breitspur entscheiden können, weil man die Eisenbahn als ein nationales
Instrument verstand. Man wählte diese Spurweite nicht, damit man kein ausländisches
Fahrzeug ins Land lassen mußte, sondern weil man davon ausging, daß dafür überhaupt
kein Bedarf bestand. Nur vor diesem Hintergrund ist auch die bekannte, immer wieder
falsch interpretierte Äußerung des Abgeordneten der ersten Kammer Hofmarschall von
Göler während einer Kammersitzung, die sich mit der Frage einer eventuellen Änderung
der Spurweite befaßte, zu verstehen (Q15):

»Ich glaube, daß man auf die Übereinstimmung in der Spurweite einen viel zu hohen Wert legt; angenommen
auch, daß durch ganz Deutschland ein und dasselbe Gleis wäre, so würde nie und nimmer
ein badischer Wagen auf der württembergischen Eisenbahn fahren...«

Obwohl es ursprünglich Zusagen des nördlichen und südlichen Auslandes gab, konnte Baden
seine Spurweite international nicht durchsetzen. Bereits 1847 setzte der Deutsch-
Österreichische-Eisenbahnverein die Spurweite von 1435 mm als allgemeine Norm fest.
Ab diesem Zeitpunkt achtete die badische Eisenbahnverwaltung bereits darauf, daß neugebaute
Lokomotiven und Wagen mit nur wenig Aufwand auf Normalspur umzubauen
sind. Im Jahr 1850 gestattete die badische Regierung dem Königreich Württemberg seine
Anschlußbahn von Bietigheim nach Bruchsal (Verbindung zum Rheinhafen Mannheim)
in Normalspur zu bauen. Wieder war da die Gefahr verkehrspolitisch ins Abseits zu geraten.

Es war für die Reisenden kein großes Problem am End- und Verbindungsbahnhof zweier
Bahnen von einem in den anderen Personenwagen umzusteigen. Womit jedoch beim Bahnbau
noch niemand gerechnet hatte, der Güterverkehr erlebte einen unglaublichen Aufschwung
. Überall mußten die Einrichtungen für den Güterverkehr ausgebaut, zahlreiche
Güterwagen mußten neu beschafft werden. Diese Güter mußten dann in den Endbahnhöfen
zeitraubend und umständlich umgeladen werden.

1853 konnten durch den Landtag die benötigten Gelder für die Umspurung bewilligt werden
. Mit einem Kostenaufwand von 1,6 Millionen Gulden wurden 79 km einfaches, 203
km Doppelgleise, zahlreiche Bahnhöfe, 66 Lokomotiven mit Tendern und 1133 Wagen von
Breit- auf Normalspur umgebaut. Dies alles war bereits 1854 abgeschlossen.

Den ersten Anschluß an ein fremdes Bahnnetz gab es bereits im Jahre 1846 mit der Main-
Neckar-Bahn von Heidelberg nach Frankfurt, allerdings noch in verschiedenen Spurweiten
. Der erste tatsächliche Auslandsanschluß war die Verbindung mit dem Königreich

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